Edition – drei Briefgruppen

Brief HK32 – 24.11.1877
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HK32 24.11.1877
Zürich, den 24 November 1877.
Mein lieber Vater!

Eben habe ich den Brief an die l[iebe] Mutter zu ihrem Geburtstag beendet. Nun komme ich noch einige Zeilen an Dich zu schreiben erstens um Dich zu bitten mir nächstens einiges Geld zu schicken. Da man jetzt das Schulgeld fr [Franken] 30 bezahlen muß u. dann sollte ich sonst noch welches haben für die kleinen Ausgaben. Dann möchte ich Dir noch mittheilen, daß ich nun auch das Latein angefangen habe zu lernen, da dasselbe sehr gut gegeben wird u. es mich in vielen Sachen aufklärt, in der Abstammung von vielen Wörtern in den verschiedenen Sprachen u. auch sehr gut für die deutsche Sprache ist, da einem erst dadurch viele Theile klar werden. Frau Spyri selbst hat mir dazu gerathen.783Johanna Spyri belegte selber zusammen mit Hedwig die Lateinstunden bei Professor Johann Heinrich Schweizer-Sidler (1815-1894), seit 1875 Lehrer für Latein an der Höheren Töchterschule in Zürich, und besuchte auch später seine Vorlesungen; Jahresberichte der Höheren Töchterschule 1875-1880; EK36.schliessen Natürlich kann ich bis ins Frühjahr nicht sehr weit vorrücken, aber immerhin habe ich dann festen Grund, so daß ich dann vielleicht später weiterlernen kann. Nur bitte ich Dich es nicht so zu sagen, od. vielmehr daß die Schwestern784Henriette (1856-1916) und Ernestine Kappeler (1857-1897); vgl. Stammbaum Kappeler, Materialien.schliessen es erzählen ich lerne Latein, [2] denn es ist nicht angenehm wenn man da ein solches Geschwatz erhebt u. fragt ich wolle gewiss eine Gelehrte geben u. was weiss ich alles noch u. dann so spottet. Ich hoffe daß Du hier meine Ansichten billigst. Wie geht es Dir, gehst Du recht viel auf die Jagd? Od[er] hast Du viel zu arbeiten. Von jener Dame aus Genf785Jene Dame aus Genf ist vermutlich eine Frau Jaquemet. Während ihres Aufenthalts in Genf 1878 wohnte Hedwig bei einer Familie Jaquemet; HK35; Nachruf Hedwig Kappeler.schliessen hat Frau Spyri noch keinen Brief, ich werde aber schreiben sobald ein solcher anlangt. Jetzt muß ich aber schliessen, ich werde gern ein ander Mal mehr schreiben; denn jetzt ist es zu spät.

Sei tausendmal gegrüßt u. geküßt von Deiner dankbaren
Hedwig.