Edition – drei Briefgruppen

Brief HK29 – 19.9.1877
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HK29 19.9.1877
Zürich, den 19 Oktober686Verschrieb von Hedwig Kappeler. Aus inhaltlichen Gründen ist dieser Brief auf September zu datieren. Vgl. Johanna Spyris Aufenthalt in Bex im September 1877 (EK14-16), die Hochzeit von Hedwigs Cousine Marie Luise Kappeler am 3. Oktober 1877, welche noch bevorsteht, sowie die Reise zur silbernen Hochzeit von Johann Bernhard und Johanna Spyri-Heusser am 9. September 1877, welche vom 8. bis 10. September dauerte.schliessen 1877.
Meine lieben Eltern!

Letzten Montag ist also Frau Sp[yri] verreist687Im September 1877 reiste Johanna Spyri nach Bex, um ihr Knie zu kurieren (vgl. HK27, EK14-16).schliessen mit Herrn Dittmer,688Hans Heinrich Dithmer (1856-1935), Sohn von Guts- und Fabrikbesitzer Georg Friedrich Dithmer in Klostermosegaard bei Helsingör, besuchte von 1874 bis 1878 die Ingenieurschule am Polytechnikum in Zürich und beteiligte sich anschliessend am Bau der Gotthardbahn; Dossier Hans Heinrich Dithmer, ETH Zürich; Programme der eidgen. Polytechnischen Schule; Mitteilung Telse Jensen-Gaard, Enkelin von Hans Heinrich Dithmer, Virum, Dänemark, 24.5.2009. - Aufgrund einer "Unterleibsentzündung" (vgl. HK26) reiste er im September 1877 zusammen mit Johanna Spyri, welche ihr Knie kurieren musste, zur Kur nach Bex (vgl. HK27, EK 14-16).schliessen und auch Herr Sp[yri]689Johann Bernhard Spyri (1821-1884), Stadtschreiber von Zürich und Ehemann von Johanna Spyri; vgl. Regine Schindler, Spurensuche, 349 und Stammbaum, 341; HBLS VI, 484.schliessen ist fort. Er ging am Nachmittag des 17ten nach Luzern u. wird einige Tage dort bleiben.

So seht Ihr nun, muß ich ganz allein mit dem Mädchen690Vreneli Vogelsanger (1854-1931) aus dem Schaffhauser Dorf Beggingen besorgte 24 Jahre lang den Haushalt von Johanna Spyri. Sie trat Anfang August 1877 in den Dienst im Hause Spyri, war also zu diesem Zeitpunkt erst seit kurzem im Stadthaus (vgl. Johanna Spyri an Vreneli Vogelsanger, 19. Juli 1877, MI 3).schliessen haushalten, natürlich ist es mir da manchmal ein wenig langweilig, besonders des Abends. H[err] Sp[yri] hat mir vorgeschlagen ich könne ja das Rosinchen od. wie es heiße von Frauenfeld als Gesellschafterin kommen lassen. Ich sagte natürlich daß das Rosinchen ein wenig zu Hause bleiben müsse, aber beide kommen dann auf die Hochzeit.691Vermutlich die Hochzeit von Hedwigs Cousine Marie Luise Kappeler und Heinrich Adolf Bremi, welche am 3. Oktober 1877 stattfand.schliessen In der Tat ich freue mich sehr darauf, wenn ich wieder jemand sehe. Nun wollt Ihr aber vor allem eine Beschreibung meiner köstlichen Reise haben.

Wir fuhren also Samstag morgens unter strömendem Regen aus dem hiesigen Bahnhof,692Der Zürcher Hauptbahnhof war im Herbst 1871 eingeweiht worden. Das neue, heutige Gebäude ersetzte den ersten Bahnhof von 1847.schliessen nach Winterthur u. Schaffhausen, von da war das Wetter schon besser, so gings [2] dann weiter im Stuttgarter Schnellzug bis Emendingen, wo wir 20 Minuten Aufenthalt hatten, ich habe ein wenig nach Gritte herumgespäht, aber natürlich war sie nicht auf dem Bahnhof. Von da fuhren wir nach Donaueschingen, wo wir um halb 1 Uhr anlangten, gerade zum Mittagessen, das mit tüchtigem Appetit verzehrt wurde. Nachher wollte der alte Herr Sp[yri]693Johann Bernhard Spyri (1821-1884), Stadtschreiber von Zürich und Ehemann von Johanna Spyri; vgl. Regine Schindler, Spurensuche, 349 und Stammbaum, 341; HBLS VI, 484.schliessen durchaus die Donauquelle erforschen, war nicht zufrieden die Teiche etc. die wir im Park trafen als solche zu betrachten, sondern stoffelte694"Stoffeln": Schweizerdeutsch für "schwerfällig gehen".schliessen einige Zeit in den Feldern herum, während der junge H[err] Sp[yri]695Diethelm Bernhard Spyri (1855-1884), einziger Sohn von Johann Bernhard Spyri und Johanna Spyri-Heusser. Studium der Rechte in Zürich, Leipzig (1875/76) und Göttingen (1877/78), während kurzer Zeit Tätigkeit als Sekretär der kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Studium und Arbeit werden immer wieder durch Krankheit und Kuraufenthalte unterbrochen. Bernhard stirbt knapp 29jährig an Tuberkulose.schliessen u. ich uns von ihm trennten um die Marschställe696Das Fürstlich Fürstenbergische Schloss in Donaueschingen wurde 1723 erbaut. Der zugehörige Marstall wurde 1850 von Theodor Dibold errichtet. Hedwig schreibt "Marschställe" statt Marställe, ein Wort, das sie offenbar nicht kennt.schliessen des Fürsten Egon697Karl Egon III. (1820-1892), Fürst zu Fürstenberg.schliessen anzusehen. Diese sind sehr schön eingerichtet u. namentlich auch von schönen Pferden bewohnt, es waren etwa 20 während der Fürst im Ganzen 53 besitzt, er war aber mit einigen davon abwesend in Baden-Baden u. einige hatte sein Sohn698Karl Egon IV. (1852-1896), Fürst zu Fürstenberg.schliessen der Gardehusarenoffizier ist bei sich. Ich wollte nur l[ieber] Vater Du hättest sie gesehen, einige sind wirklich prachtvolle Tiere. Neben dem Schloss,699Das Fürstlich Fürstenbergische Schloss in Donaueschingen wurde 1723 erbaut. Der zugehörige Marstall wurde 1850 von Theodor Dibold errichtet.schliessen im Garten ist ein hübsches eingeschlossenes Bassin, mit ganz klarem Wasser gefüllt, das die Donauquelle sein sollte. Das heißt, es ist eine der vielen Quellen. Es ist ein kupfernes Gefäß an einer Kette, das man hinabwerfen kann um Wasser zu [3] schöpfen u. Becher zum Trinken, das Wasser schmeckt ganz gut, wie gewöhnliches Brunnenwasser. Um halb 4 ungefähr setzten wir uns von neuem in den unbequemen badischen Eisenbahnwagen, u. fuhren durch den Schwarzwald über Triberg nach Offenburg u. Appenweier. Diese Schwarzwaldbahn,7001873 fertig gestellt, führte die Schwarzwaldbahn quer durch den Schwarzwald von Singen nach Offenburg.schliessen die sehr berühmt ist, ist wirklich wundervoll, Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen alle Augenblick einen Tunnel guckt man zum Fenster hinaus so sieht man bald da bald dort ein schwarzes Loch wo man heraus gekommen ist, es geht immer in merkwürdigen Windungen fort. Endlich langten wir dann in Appenweier an, wo wir in einen andern Zug stiegen u. über Kehl nach Strassburg fuhren.701Als "Großherzoglich Badische Staatseisenbahnen" entstand im Großherzogtum Baden ab 1840 eine staatseigene Bahngesellschaft, welche in verschiedenen Etappen bis 1863 als "Badische Hauptbahn" von Mannheim bis Konstanz fertiggestellt wurde.schliessen Bei der Dämmerung langten wir an, stiegen in den Omnibus des Maison Rouge, das ganz auf den Kleberplatz geht, wir hatten aber Zimmer gegen den Hof. Es war das erste Mal in meinem Leben, daß ich in einem Hotel logierte. Als wir uns ein wenig in Ordnung gemacht hatten, erkundigte sich Herr Spyri nach einem guten Bierlokal, worauf man uns die Taverne Chacronne bezeichnete. Da tranken wir ein ausgezeichnetes Bier, brachen jedoch bald wieder auf u. kehrten wieder ins Maison Rouge zurück; denn Fr. Spyri pressierte sehr aus dem Lokal voll Rauch heraus zu kommen. Im Hotel tranken [4] sie und ich zusammen noch Thee u. die beiden Herren nahmen noch etwas. Um halb 11 begaben wir uns zu Bette mit der Mahnung von H[errn] Sp[yri] morgen früh aufzustehen. Wahrhaftig kam um 6 Uhr schon Frau Sp[yri] mich zu wecken. Um 7 Uhr saßen wir schon beim Kaffee, fast die ersten aller Gäste u. bald nachher gings zur Wanderung durch die Stadt. Zuerst betrachteten wir die Statue Klebers702Jean-Baptiste Kléber (1753-1800), französischer General, geboren in Strassburg, beteiligte sich 1798 an Napoleons Expedition nach Ägypten.schliessen eines Generals unter Napoleon I, der in Egypten umkam, die mitten auf dem gleichnamigen Platze steht. Dann suchten wir natürlich zuerst den Weg zum Münster. Während wir eben so dort standen kam ein Mann auf uns zu u. bot sich an das Münster zu zeigen u. zu erklären. Das Münster ist wirklich prachtvoll, nur ist schade, daß der zweite Thurm nicht vollendet wurde. Zuerst zeigte uns der Mann das Äußere des Münsters, die verschiedenen Portale mit den Skulpturen, an einem von der Tochter Erwins von Steinbach703Erwin von Steinbach (gest. 1318), Baumeister des Strassburger Münsters. Dass seine Tochter Sabina (Savina) Skulpturen für das Südportal des Münsters geschaffen haben soll, gilt als Legende; NDB IV, 636; ADB VI, 332-334.schliessen der den ersten Bau ausgeführt hat. Dann gings zur berühmten Straßburger Uhr,704Die Astronomische Uhr im Strassburger Münster. Ihre Vorläuferin, die Dreikönigsuhr, wurde 1354 erbaut. Ab 1547 wurde sie durch eine Uhr ersetzt, die bereits astronomische Funktionen hatte und bis 1780 lief. 1832 wurde Jean-Baptiste Schwilgué mit der Renovierung beauftragt.schliessen die in einem kleinen Vorhof des Münsters ist, nicht wie ich glaubte am Thurm. Ich werde Euch die Photographien dann zeigen u. mündlich erklären, was viel leichter geht. Nachher gingen wir ins Innere der Kirche, wo eben eine Predigt war. Der Raum ist ungeheuer groß u. scheint [5] noch größer da keine Bänke drin sind, sondern jeder nimmt einen Stuhl, deren an den Wänden stehen u. setzt sich neben die andern in die Nähe der Kanzel. Nach der Predigt spielte die Orgel, die wundervoll ist ein wenig u. nach dem Lesen der Messe, zogen alle Priester u. Chorbuben im Münster herum die Leute zu segnen, beinahe wäre ich in den Zug gerathen. Ich stand eben mitten im Gang um etwas zu sehen da höre ich plötzlich hinter mir einen Gesang u. nur schnell noch konnte ich entwischen, bevor die Ordnungsschaffer mich auf die Seite wiesen. Während das silberne Hochzeitspaar705Johann Bernhard Spyri (1821-1884) und Johanna Louise Spyri-Heusser (1827-1901) heirateten am 9. September 1852; Regine Schindler, Spurensuche, 334.schliessen noch unten im Münster blieben, stiegen H[err] Sp[yri]706Diethelm Bernhard Spyri (1855-1884), einziger Sohn von Johann Bernhard Spyri und Johanna Spyri-Heusser. Studium der Rechte in Zürich, Leipzig (1875/76) und Göttingen (1877/78), während kurzer Zeit Tätigkeit als Sekretär der kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Studium und Arbeit werden immer wieder durch Krankheit und Kuraufenthalte unterbrochen. Bernhard stirbt knapp 29jährig an Tuberkulose.schliessen und ich in den Thurm hinauf, u. zwar bedeutend höher als die Plattform. Beim Hinaufsteigen bekam ich dann ein ordentliches Zittern in den Knien u. war herzlich froh wieder auf der Ebene zu stehen. Vom Münster gingen wir dann zur Thomaskirche,707Die protestantische Thomaskirche (Église Saint Thomas), nach dem Münster die grösste Kirche Strassburgs. Gotische Hallenkirche mit mittelalterlichen Grabmälern und Resten von Glasmalereien aus dem 13. Jahrhundert; Karl Baedeker, Die Rheinlande von der Holländischen bis zur Schweizer Grenze (1876), 131; Archinform, http://deu.archinform.net/projekte/12484.htm, 23.3.2011.schliessen nachdem wir das Gutenbergische Denkmal708Johannes Gutenberg (um 1400-1468), Erfinder der Buchdruckerkunst, hielt sich in den 40er Jahren des 15. Jahrhunderts in Strassburg auf, ein Denkmal erinnert daran.schliessen angeschaut hatten. Auch sein Wohnhaus sahen wir das gegenüber dem Münster ist, das älteste Haus in Straßburg, glücklicher Weise ist es ganz unzerstört geblieben von der Belagerung,709Bei der Belagerung Strassburgs im Deutsch-französischen Krieg 1870/71 erlitt die Stadt grosse Schäden durch den preussischen Artilleriebeschuss.schliessen während man jetzt noch nicht fertig ist mit [6] den Reparaturen am Münster. In der Thomaskirche ist eine Gruppe in Marmor, wie ein Herzog aus Sachsen in's Grab steigen sollte.710Das spätbarocke Mausoleum (1777) des Marschalls Hermann Moritz von Sachsen.schliessen Er steht entschlossen auf der Treppe, unten ist der Tod der den Sarg öffnet u. ihn hinab ruf[t], dazwisch[en] kniet eine Frauengestalt mit der einen Hand den unerbittlichen Tod abwendend, mit der andern den Herzog zurück haltend. Es ist eine sehr schöne Gruppe. Von da führte uns der Mann wieder auf den Münsterplatz u. verabschiedete sich. Frau Sp[yri] u. ich wollten nun einige Frauenklöster sehen, aber leider konnten wir nirgends eindringen. Dann waren wir wieder auf den Strassen u. bummelten herum. Auf den Place Broglie bei der Prefektur, am neuen Theater vorbei, wo wir eine gute Elsässerin trafen die uns den Weg zeigte. So wurde es bald zwölf Uhr, wo wir wieder im Münster sein sollten, um die Uhr711Die Astronomische Uhr im Strassburger Münster. Ihre Vorläuferin, die Dreikönigsuhr, wurde 1354 erbaut. Ab 1547 wurde sie durch eine Uhr ersetzt, die bereits astronomische Funktionen hatte und bis 1780 lief. 1832 wurde Jean-Baptiste Schwilgué mit der Renovierung beauftragt. Die Uhr verfügt neben einer hochkomplexen Mechanik über allerlei visuelle Effekte, so unter anderem den Umgang der Apostel, den Johanna Spyri und Hedwig Kappeler sehen wollten: nach dem 12. Stundenschlag setzt sich das in die Uhr eingebaute Apostelkarussell in Bewegung, die zwölf Apostel betreten die Bühne und umrunden die stehende Figur Christi; vgl. Henri Bach/Jean Pierre Rieb, Die drei astronomischen Uhren des Strassburger Münsters, 146-151.schliessen schlagen zu sehen. Etwa 20 Minuten vorher waren wir dort in der Erwartung mit712Gemeint ist hier "mitt", also "mitten".schliessen in einem Menschenknäuel halb erdrückt. Dabei hatten wir im Stillen eine beständige Freude, daß wir so viel gesehen hatten während die beiden Herren beim Bier saßen. Als wir aber [7] ins Hotel kamen, hatten die Beiden ganz das Gleiche gesehen wie wir. Bald läutete es zur Tafel, die aber nicht besonders besetzt war, u. im Ganzen mich gehörig langweilte, so daß ich froh war als man sich erhob. Nun gings zu den Befestigungen, nachdem wir vergebens nach Unterhaltungskonzerten etc. gefragt hatten, eben war fast alles Militär beim Manöver in Metz. So spazierten wir denn ein wenig auf den alten Befestigungen u. in einem Lustwald713Unsichere Lesung, evtl. "Jungwald".schliessen, dessen Namen mir entfallen ist. Zuletzt kehrten wir wieder in die Stadt zurück u. tranken in einer mit Glas gedeckten Halle am Place Broglie schwarzen Kaffee, u. konnten von da aus die spazierenden Straßburger Herren und Damen betrachten. Abends wollten wir in den Cirkus, als wir aber hinkamen, war schon alles gefüllt u. ein brüllender Haufe Taugenichtser prügelten einander davor, so kehrten wir wieder u. schlugen den Weg nach der Taverne Alsacienne ein um dort den Abend noch recht fidel zuzubringen. Nachdem wir das getreulich getan kehrten wir fröhlich ins Hotel zurück u. legten uns zu Bett, da man am nächsten Morgen wieder früh aufstehen sollte. [8] Herr Sp[yri] jun[ior]714Diethelm Bernhard Spyri (1855-1884), einziger Sohn von Johann Bernhard Spyri und Johanna Spyri-Heusser. Studium der Rechte in Zürich, Leipzig (1875/76) und Göttingen (1877/78), während kurzer Zeit Tätigkeit als Sekretär der kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Studium und Arbeit werden immer wieder durch Krankheit und Kuraufenthalte unterbrochen. Bernhard stirbt knapp 29jährig an Tuberkulose.schliessen blieb dann am Morgen im Bett, so daß ich ihn nicht mehr gesehen habe u. wir machten uns nach dem Frühstück auf den Weg nach dem Bahnhof. Nun fuhren wir zuerst nach Freiburg wo wir um halb 11 anlangten u. sofort noch ins Münster gingen, das auch sehr hübsch ist u. eine Menge prachtvolle Glasgemälde als Fenster hat u. auch viele recht hübsche kleine Kapellen von denen ich Euch dann mündlich erzählen will da ich nun bald schließ[en] muß, um noch einige Aufgaben zu machen. Nachmittags gings wieder weiter dem Rhein nach nach Basel u. von da über Waldshut nach Zürich zurück, wo wir um 10 anlangten u. das silberne Hochpaar715Johann Bernhard Spyri (1821-1884) und Johanna Louise Spyri-Heusser (1827-1901) heirateten am 9. September 1852; Regine Schindler, Spurensuche, 334.schliessen mit Eifer die Geschenke u. Bouquets in Empfang nahm. Jetzt muß ich aber schnell noch auf ein weniger angenehmes Kapitel überspringen. Ich bitte Dich l[ieber] Vater mir doch Geld zu schicken, also 60 Fr. für die Violinstunden u. dann muß ich sonst noch haben für alle Fälle, da meine ganze Baarschaft nur noch 1 fr [Franken] 45 R[appen] beträgt. Ca. 20 francs [Franken] könnte ich schon noch brauchen, wenn ich so allein bin, kann ich doch nicht immer hier im Zimmer stecken. Hoffentlich bist Du nicht sehr erschreckt von dieser Nachricht u. lässt mir das Geld bald zukommen, Du kannst sicher sein daß ich keine [8 am Rd.] unnötigen Ausgaben mache.

Indessen Euch beiden die herzlichsten Grüße u. Küsse von Eurem dankbaren Kinde
Hedwig.

Natürlich 1000 Grüße an die ganze Familie, an die Bewohner des Bernerhauses716Spätbarockes Herrschaftshaus in Frauenfeld, im 18. Jahrhundert Quartier der Tagsatzungsgesandten aus Bern, heute Bankplatz 5; Beat Gnädinger/Georg Spuhler, Frauenfeld, 267-270. - Wohnsitz der Grosseltern mütterlicherseits, Johann Jakob Wüest (1792-1885) und Maria Wüest-Merkle (1795-1887) sowie von Hedwigs unverheiratetem Onkel Jakob Hermann Wüest (1822-1919) und der ledig gebliebenen Tante Anna Friederike Wüest (1821-1920).schliessen Marie,717Marie ist vermutlich ein Hausmädchen der Familie Kappeler-Wüest (vgl. HK1 und HK6, wo sie jeweils zusammen mit Lisbeth gegrüsst wird).schliessen Lisbeth,718Lisbeth, im Brief HK1 "Lisabeth", wird in zehn Briefen von Hedwig gegrüsst. Sie ist offensichtlich die Hausangestellte bei Familie Kappeler-Wüest in Frauenfeld, die aber sehr familiär behandelt wird u. z.B. auch ein Foto von Hedwig bekommt (vgl. HK12 und 13). Gemäss HK35 wohnt sie im Dachstock von Hedwigs Elternhaus.schliessen Jungf[er] Fehr719Jungfer Fehr wird viermal gemeinsam mit Lisbeth gegrüsst, sie gehört offenbar auch zum Haushalt der Familie Kappeler-Wüest, evtl. als Büglerin oder Hausdame.schliessen u. die Familie Keller720Emil Keller (1838-1900) und Aline Keller-Kappeler (1846-1915), Hedwigs Halbschwester sowie deren zwei Töchter Alma (geb. 1867) und Clara (geb. 1872), welche auch in Frauenfeld wohnen; vgl. Stammbaum Kappeler, Materialien.schliessen etc. [6 am Rd.] Heute traf ich bei Schröters721Luise Schröter-Hauer (geb. 1823), Witwe von Moritz Schröter (1813-1867), Professor für Maschinenbau und Maschinenkonstruktion am Eidgenössischen Polytechnikum von 1865 bis 1867. Nach dem frühen Tod ihres Mannes, vermietete sie Pensionszimmer, um die Familie zu versorgen. 1868 wurde ihr und den fünf Kindern (geb. 1851-1861) - darunter der später bekannte Botaniker Carl Schröter (1855-1939) - von der Stadt Zürich das Bürgerrecht geschenkt. Wohnhaft Neue Plattenstrasse, Fluntern (eingemeindet 1893); HBLS VI, 245; www.ethbib.ethz.ch/aktuell/galerie/schroeter, 20.1.2011; Zürcher Adressbücher 1875/77.schliessen Frau Landry, die Dich nebst der l[ieben] Tante722Vermutlich Natalie Labhardt-Wüest (1823-1904), Hedwig Kappelers Tante mütterlicherseits, Schwester von Aline Kappeler-Wüest und Witwe von Philipp Gottlieb Labhardt; vgl. Stammbaum Wüest, Materialien.schliessen vielmal grüßen lässt. Luise Schröter723Vermutlich Luise Eleonore Laura Schröter (geb. 1852), Tochter von Luise und Moritz Schröter.schliessen habe ich eingeladen einmal zu uns zu kommen, leider ist es ihr unmöglich. Hingegen Luise Grob724Wahrscheinlich Hanna Luise Grob (geb. 1851), Tochter von Heinrich Grob, Prorektor und Professor am Gymnasium, Mitglied des Grossen Stadtrats; BB 1879, 139.schliessen wird wahrscheinlich [5 am Rd.] kommen. Nicht wahr l[iebe] Mutter Du schreibst mir recht bald u. viel besonders dann Näheres von Maries725Marie Luise Kappeler (geb. 1856), Hedwigs Cousine väterlicherseits, Tochter von Johann Rudolf Kappeler und Maria Katharina (Marie) Kappeler-Kessler. Heiratet am 3. Oktober 1877 Heinrich Adolf Bremi; vgl. Stammbaum Kappeler, Materialien.schliessen Hochzeit.726Hedwigs Cousine Marie Luise Kappeler und Heinrich Adolf Bremi heirateten am 3. Oktober 1877.schliessen