Edition – drei Briefgruppen

Brief EK39 – 20.6.1880
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EK39 20.6.1880
Zürich 20. Juni 1880
[An Hedwig Kappeler]

Bei uns ist eine Veränderung eingetreten, daß Bernhard955Diethelm Bernhard Spyri (1855-1884), einziger Sohn von Johann Bernhard Spyri und Johanna Spyri-Heusser. Studium der Rechte in Zürich, Leipzig (1875/76) und Göttingen (1877/78), während kurzer Zeit Tätigkeit als Sekretär der kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Studium und Arbeit werden immer wieder durch Krankheit und Kuraufenthalte unterbrochen. Bernhard stirbt knapp 29jährig an Tuberkulose.schliessen in praktische Tätigkeit eingetreten ist, als Secretär der Kaufmännischen Gesellschaft.956Kaufmännische Gesellschaft Zürich, gegründet am 27. November 1873, seit 1919 umbenannt in Zürcher Handelskammer. Diethelm Bernhard Spyri wurde aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes bereits im September 1880 als Sekretär der Kaufmännischen Gesellschaft wieder abgelöst; Emil Richard, Kaufmännische Gesellschaft Zürich, Bd. 1, 51.schliessen Jeden Morgen um 8 Uhr wandert er auf sein Bureau hinüber nach der neuen Börse.957Die Börse befand sich zu dieser Zeit an der oberen Bahnhofstrasse. Sie war 1877-1880 auf dem ehemaligen Baugartenareal errichtet worden; Walter Baumann et al., Zürich zurückgeblättert, 185; Emil Richard, Kaufmännische Gesellschaft Zürich, Bd. 1, 53-61.schliessen Er hat Freude an seiner Tätigkeit u. mir ist lieb, daß ich ihn so daheim habe. Ich beschäftige mich wieder sehr viel mit der Schule.958Johanna Spyri war Mitglied der Aufsichtskommission der Höheren Töchterschule (vgl. EK36-37 und EK42).schliessen Fräulein Vidart959Camille Vidart (1854-1930), Französischlehrerin an der Höheren Töchterschule in Zürich von 1880 bis 1883, später in Lausanne. Übersetzerin von "Heidi" sowie weiterer Werke von Johanna Spyri ins Französische. Camille Vidart engagierte sich intensiv für die feministische Frauenbewegung, 1896 war sie Präsidentin des ersten "Kongresses für Fraueninteressen" in Genf. Mit Johanna Spyri, die sie oft von Montreux aus besuchte, verband sie lange Jahre eine enge Freundschaft; vgl. das Kapitel zu Camille Vidart in: Regine Schindler, Johanna Spyri. Neue Entdeckungen und unbekannte Briefe; Denise von Stockar-Bridel, Les débuts de Heidi.schliessen ist nun hier u. ist ein wahrer Schatz.960Camille Vidart verdankte ihre Wahl an die Höhere Töchterschule, wo sie drei Jahre lang unterrichtete, Johanna Spyri, wie einem Brief vom 26. August 1880 an Betsy Meyer zu entnehmen ist: "Ich habe eine Genferin, die ich schon vorher kannte, glücklich an unsere Töchterschule gelootst, trotz der Gegenmanöver unsres grossen Schulpräsidenten."; Ms. CFM 398.19/23, zit. nach: Johanna Spyri und ihr Werk, 249. - Johanna Spyri äussert sich immer wieder begeistert über Camille Vidart als Übersetzerin wie als Lehrerin (s. EK46 und 47); vgl. das Kapitel zu Camille Vidart in: Regine Schindler, Johanna Spyri. Neue Entdeckungen und unbekannte Briefe; Denise von Stockar-Bridel, Les débuts de Heidi.schliessen Ich kann nicht genug bedauern, daß Du nicht noch einmal kommst u. diesen Unterricht genießest. Sie ist, abgesehen von der Tüchtigkeit zu unterrichten, so sehr nett mit den Mädchen u. ist für jedes ganz persönlich besorgt u. aufmerksam, daß es auch alles verstehe u. einen rechten Gewinn davontrage.