Edition – drei Briefgruppen

Brief EK10 – 7.4.1877
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EK10 7.4.1877
Zürich 7. April 1877858Hedwig ist zurzeit in den Frühlingsferien zuhause in Frauenfeld. Das erste Schuljahr der Höheren Töchterschule ist abgeschlossen, das zweite beginnt Anfang Mai.schliessen
[An Aline Kappeler]

Mein Junge859Diethelm Bernhard Spyri (1855-1884), einziger Sohn von Johann Bernhard Spyri und Johanna Spyri-Heusser. Studium der Rechte in Zürich, Leipzig (1875/76) und Göttingen (1877/78), während kurzer Zeit Tätigkeit als Sekretär der kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Studium und Arbeit werden immer wieder durch Krankheit und Kuraufenthalte unterbrochen. Bernhard stirbt knapp 29jährig an Tuberkulose.schliessen kam völlig entzückt heim u. konnte kaum Worte finden, mir zu beschreiben, wie wohl er sich in Eurem Kreise u. wie unerhört gemütlich er sich in Eurem Hause gefühlt habe. Noch nie in seinem Leben habe er außer dem Vaterhause ein solches Gefühl von Daheimsein gehabt u. überhaupt sich so unvergleichlich wohl befunden, daß er gar keinen Moment an ein Heimkehren dachte, sondern einen großen Schrecken u. Aerger empfand, als das Telegram anlangte u. er schloß dann seine Rede mit den überraschenden Worten: hättest Du mir nur diese Unglücksdepesche nicht geschickt.860Diethelm Bernhard Spyri musste seinen Besuch bei der Familie Kappeler früher als geplant abbrechen, da sich offenbar in Zürich telegrafisch Damenbesuch ankündigte. Es handelte sich wohl um Damen, die er während seines Kuraufenthalts in Davos kennengelernt hatte. Er habe seine "Cavaliersobliegenheiten" erfüllen müssen, was ihm diesmal "nicht so leicht u. amüsant" vorgekommen sei, schreibt er später an Aline Kappeler-Wüest; Brief Diethelm Bernhard Spyri an Aline Kappeler-Wüest, 9. April 1877 (s. Materialien); zu den "Davoserdamen" s. auch HK21.schliessen Du siehst also, wie mein Sohn sich an Dein Haus angeschlossen hat. Es ist mir eine große Befriedigung zu sehen, von welcher Art Menschen er sich am meisten u. tiefsten angezogen fühlt. Du hast sein Herz gänzlich gewonnen für alle Zeit, das wirst Du sehen, er ist in seinen wahren Stimmungen u. Anhänglichkeiten sehr treu u. beständig.861Einer der wenigen von Diethelm Bernhard Spyri erhaltenen Briefe bringt seine Anhänglichkeit an die Familie Kappeler deutlich zum Ausdruck; er schwärmt von seinem Besuch im Hause Kappeler, seiner "liebenswürdigen Aufnahme" dort, von den "Frl. Töchtern" und dem "Croquet-Spiel"; Brief Diethelm Bernhard Spyri an Aline Kappeler-Wüest, 9. April 1877, Materialien.schliessen