Edition – drei Briefgruppen
Ich bin hier ziemlich allein, fast die ganze Stadt ist weg, meine Bekannten alle zusammen. Dagegen erscheint hie u. da ein Besuch. Unerwartet fallen mir zwei Württembergerinnen970Über die württembergischen Beziehungen von Johanna Spyri ist bis heute nichts Näheres bekannt. In einem Brief an die Frau ihres Verlegers erwähnt sie am 21. April 1880 auf ihrer Rückreise von Gotha Besuche bei Bekannten in Stuttgart (Bekannte mit fünf kleinen Kindern) und Pforzheim ("ein junges Mädchen, das hier in Pension u. oft in unserm Hause war, u. ihre Eltern"), jedoch ohne einen Namen zu nennen; Brief Johanna Spyri an Charlotte Perthes, 21. April 1880, MI 4, in: Johanna Spyri und ihr Werk, 248.schliessen ins Haus. Frau Professor S[auppe]971Emilie Sauppe-Nüscheler (geb. 1820), ursprünglich aus Zürich, Tochter des ehemaligen Stadtschreibers Johannes Nüscheler (geb. 1776); BB 1836, 155f.; BB 1842, 166.schliessen mit Tochter ist hier, wohnt bei Verwandten u. liegt dort krank. Die Tochter besucht mich häufig. Bald kommt der Professor972Friedrich Hermann Sauppe (1809-1893), deutscher klassischer Philologe, Pädagoge. Professor für klassische Philologie an der Universität Zürich von 1839 bis 1845, daneben Lehrer an der Kantonsschule (s. auch HK10); Sauppe beschäftigte sich u. a. mit dem Rechtsleben des Altertums. Gymnasialdirektor in Weimar von 1845 bis 1858, Professor in Göttingen von 1858 bis 1893. Er galt als Persönlichkeit mit grosser Ausstrahlung. Bürger von Schottikon (1838), verheiratet mit Emilie Sauppe-Nüscheler (geb. 1820), ursprünglich aus Zürich, Tochter des ehemaligen Stadtschreibers Johannes Nüscheler (geb. 1776). Häufiger Kurgast in Tarasp (s. auch EK64); Ernst Gagliardi et al., Die Universität Zürich 1833-1933, 365; HBLS VI, 91; ADB LV, 146-158; BB 1842, 166.schliessen mit der anderen Tochter von Tarasp973Kurort im Engadin (Kanton Graubünden), häufiger Ferienort Friedrich Hermann Sauppes; ADB LV, 156.schliessen u. die wohnen bei uns u. weiß ich dann nicht, wie lange sie bleiben u. kann ich dann keine Pläne machen. Dann ist meine Freundin Fries,974Anna Fries (1827-1901), Zürcher Malerin und beliebte Porträtistin, seit ihrer Kindheit mit Johanna Spyri eng befreundet. Um 1871 gründete sie eine Malschule in Florenz, welche u.a. auch Betsy Meyer besuchte. Ihre letzten zwanzig Lebensjahre verbrachte Anna Fries in Sestri Levante, wo sie sich der Wohltätigkeit verschrieb und eine Evangelisationsstelle gründete; vgl. das Kapitel zu Anna Fries und Betsy Meyer in: Regine Schindler, Johanna Spyri. Neue Entdeckungen und unbekannte Briefe; Regine Schindler, Spurensuche, 301-303; vgl. Stammbaum Wirz, Fries, Heim in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen die Malerin aus Florenz in St. Gallen u. wird Ende des Monats hier erwartet. Pastor Funke975Otto Funcke (1836-1910), evangelischer Theologe und Volksschriftsteller, Dr. h.c. der Universität Halle. Aus Wülfrath stammend, als junger Pfarrer zweimal verwitwet, kommt er als Inspektor der Inneren Mission 1868 nach Bremen, Pfarrer an der neu erbauten Friedenskirche; er reist häufig in die Schweiz; vgl. vor allem seine Autobiographie von 1898, Die Fußspuren des lebendigen Gottes in meinem Lebenswege; NDB V, 729f.schliessen u. Frau,976Otto Funckes dritte Frau ist Gebekka (Betty), geb. Meier (1842-1929), Tochter des Bremer Bürgermeisters Dr. John Daniel Meier.schliessen die einen Besuch angesagt, sind nicht gekommen. So muß man immer auf der Warte stehen, ob etwas vorfalle, es sind so viele Leute unterwegs. Von Bernhard977Diethelm Bernhard Spyri (1855-1884), einziger Sohn von Johann Bernhard Spyri und Johanna Spyri-Heusser. Studium der Rechte in Zürich, Leipzig (1875/76) und Göttingen (1877/78), während kurzer Zeit Tätigkeit als Sekretär der kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Studium und Arbeit werden immer wieder durch Krankheit und Kuraufenthalte unterbrochen. Bernhard stirbt knapp 29jährig an Tuberkulose.schliessen werden wir wohl lange keine Nachricht mehr bekommen, bis er drüben angekommen sein wird.978Diethelm Bernhard Spyri wurde aus gesundheitlichen Gründen eine Seereise empfohlen, die er im Sommer 1881 antrat. Sie führte ihn zu seinem Onkel Christian Heusser nach Südamerika (s. EK40, EK41, EK43, EK46, EK48).schliessen Es währt schon lange, aber ich wußte ja, daß ich mich darauf gefaßt machen müßte.