Edition – drei Briefgruppen

Brief EK64 – 5.9.1884
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EK64 5.9.1884
Zürich 5. Sept[ember] 1884
[An Hedwig Kappeler]

Schon seit Tagen hatte ich vor Dir zu schreiben, dann kam die Familie S[auppe]1029Die Familie Sauppe aus Göttingen, die sich oft in Tarasp aufhielt (s. auch EK44): Friedrich Hermann Sauppe (1809-1893), deutscher klassischer Philologe, Emilie Sauppe-Nüscheler (geb. 1820) und deren Kinder; ADB LV, 146-158, insb. 156.schliessen u. besuchte uns viel; auch machen wir allerlei Gänge u. Fahrten zusammen. Heute kamen noch andere Tarasper Bekannte, man kommt immer wieder vorübergehend mit lieben bekannten Gesichtern zusammen, dann verschwinden sie wieder.

In Tarasp1030Kurort im Engadin (Kanton Graubünden), häufiger Ferienort Friedrich Hermann Sauppes; ADB LV, 156.schliessen hatten wir eine recht schöne Zeit, da von Anfang an meinem Mann1031Johann Bernhard Spyri (1821-1884), Stadtschreiber von Zürich und Ehemann von Johanna Spyri; vgl. Regine Schindler, Spurensuche, 349 und Stammbaum, 341; HBLS VI, 484.schliessen die Kur wohl tat, konnte ich mich so recht freuen über alles. Es waren auch so freundliche, nette Leute da, mir ist so viel Freundlichkeit wiederfahren, daß es mich ganz gerührt hat. Es war gerade, als ob der liebe Gott nach der traurigen Zeit mir besonders freundliche, sonnige Tage schickte. Ich bin auch recht herzlich dankbar dafür. Es geht auch meinem Mann daheim wieder ganz ordentlich, er hat natürlich seine Arbeit gleich aufgenommen.

Denk da hat mir Frau Professor K1032Vermutlich Minna Kinkel (geb. 1829), Witwe des Gottfried Kinkel (1815-1882), Professor für Kunstgeschichte am Polytechnikum; NDB XI, 623f.schliessen schon wieder einen langen Brief geschrieben, immer findet sie wieder Typen in meinen Büchern, die sie gleich gern lebendig von mir beziehen möchte, um sie in ihrem Haushalt anzustellen. Es ist wirklich eine originelle Weise, meine Bücher aufzufassen. Ich werde ihr aber schreiben, sie möchte sich doch lieber an Dienstbotenbureau wenden.