Jakob Christian Heusser – Briefe an die Familie

Brief Nr. 12a – 3.3.1849
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12a 3.3.1849
[Berlin, 3. März 1849]
Liebe Eltern!146Von der Familie geänderte Fassung des vorangehenden Briefes, den sie dem Vater nicht im ursprünglichen Wortlaut vorlesen wollten.schliessen

Vor allem aus meinen herzlichsten Dank für die Geldspende. Den Schein für die empfangene Summe von 150 Thlrn. werdet Ihr bereits schon vor einiger Zeit empfangen haben. Ich hätte schon damals auf Euren letzten Brief geantwortet, und dachte auch alle Tage daran, wenn es mir nicht einigermaßen schwer gefallen wäre, eine Antwort zu geben, die vielleicht nicht ganz Euern Wünschen entspricht, während es doch mein herzlichster Wunsch ist, Euch Freude zu machen. Dein Brief liebe Mama, hat mich wirklich eine Zeit lang sehr bewegt, weil ich daraus sah, daß Ihr noch an eine Rückkehr zur Medizin denkt; da ich nun seit anderthalb Jahren mit der größten Lust mich in das Studium der Mathematik, der Chemie und Astronomie sowie der Philosophie vertieft habe und nie einen andern Gedanken mehr hatte, so erschrak ich erst, wurde dann aber durch die so gütige väterliche Erlaubniß, daß ich frei wählen dürfe, wahrhaft gerührt, daher ich auch von ganzem Herzen hiefür danke. Was nun mich selbst betrifft, so fühle ich mich unendlich glücklich bei meinem jetzigen Studium, und glaube auch, daß es mir nach Vollendung desselben nicht fehlen wird, eine günstige Stellung, sei es als Professor, sei es eine andere Anstellung wie es besonders in Deutschland so viele gibt, zu erhalten, während ich [S.2] als Arzt nie in meinem Element wäre.

Den Doktortitel werde ich mir jedenfalls erwerben, und das dienet dann zur Antwort für diejenigen Leute, welche sich um mich bekümmern und doch nicht verstehn, was das Studium der Naturwissenschaft ist. Ich wollte ich könnte ihnen einmal alle die Männer hier in Berlin zeigen, welche einzig auf diesem Wege ihr Glück gemacht haben. Was also mich selbst betrifft, so setze ich in froher Hoffnung meinen Weg fort, nur eines betrübt mich immerfort: Der Gedanke an dich lieber Papa, wie Du in deinem Alter und bei deinen vielen Geschäften nun ganz ohne Hülfe bist. Tausend mal habe ich schon gedacht, was ich jetzt Dir zu sagen mich gedrungen fühle: Du hast ja seit vielen Jahren so unermüdlich gearbeitet, und für deine Kinder gesorgt und gespart, daß Du jetzt wohl das Recht hast, dich zur Ruhe zu setzen, und Dein sauer erworbenes Vermögen zu genießen. Es wäre mir eine große Beruhigung, denken zu können, daß Du Dich nicht mehr plagen müßtest und keine Hülfe mehr vermißest.

So habe ich Euch nun meine Wünsche und Hoffnungen dargelegt. Darin liegt nun freilich auch schon im Voraus der Wunsch ausgesprochen, noch länger in Berlin zu bleiben, und da muß ich natürlich erst um Eure Erlaubniß fragen. Das ist gewiß daß ich nirgends in der Welt solche Gelegenheit finde, mich allseitig auszubilden wie hier, besonders seit ich durch die Brüder Roose [S.3] nun auch den Zugang zu der wissenschaftlichen Gesellschaft habe, von der ich später noch erzählen will. Ihr dürft Herr Roose, bei dessen Bruder ich Chemie höre, wenn er in die Schweiz kommt, genau nach mir ausfragen, damit Ihr Euch überzeugt, daß ich meine Zeit gewissenhaft benutze. Und so hoffe ich, wenn Ihr zu allem andern auch noch die Erlaubniß eines längern Aufenthaltes in hier hinzufügt, Euch wenigstens damit meinen Dank bezeugen zu können, daß Ihr Freude, vielleicht auch Ehre, gewiß nie Schande an Euerem Sohn erleben sollt.

In der politischen Welt ist hier alles so ziemlich ruhig [...] 147Von hier an der ursprüngliche Text, wie oben, Brief Nr. 12, ab Mitte 3. Seite].schliessen


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