30.11.1804
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Freytag den 30.
Die l[iebe] Bäbe schrieb uns heüte dieses ...
"Unserm l[ieben] Jaque gehts Gottlob recht gut; er ist grad izt in einer so ruhigen heitern Stimmung, u. bey so völliger Denkkraft, daß es uns in der Seele wohl thut. Auch sieht er die Veraenderung seiner Lage u. die Trennung aus dem Pfarrhaus Horgen aus einem so schönen Gesichtspunkt, u. ganz als Leitung u. Wille des Herrn an, daß er sich auch da so ruhig kindlich ergiebt, wie es nur immer von seinem guten Herzen u. kindlichen Sinn zuerwarten war. Ich hätte darum gewünscht, du hättest ihn [in] deinem Briefgen, du Lieber! auch nur bloß auf diesen Gesichtspunkt gestellt, u. nicht die Schuld auf Hrn. Pfarrer zu Horgen gelegt, der sie doch wirklich nicht hat: wir könen und müßen sie in Gottes Namen nirgend anders, als in Jaquens zarter Gesundheit u. in seiner gar zu ängstlichen Gemüthslage suchen: und diese ist Prüfung des Herrn für ihn u. uns, u. eine Leidensschuhle, die, wenn wir sie durchwandelt haben, uns Segen u. Gewinn seyn wird. Der Liebe hat izt gestern selbst aus eignem Trieb an Hrn. Pfr. Lav[ater] geschrieben so schön, so herzlich, so christlich u. ruhig, daß es uns frappierte.
wir führten ihn nach u. nach darauf, daß er auf die Hofnung, wieder nach Horgen zukommen, Verzicht thun müsse; daß seine Gesundheit noch nicht stark u. auch seine Gemüthslage noch nicht fest genug sey, um bey einer so großen Gemeine, u. in einer so großen Kirche die Canzel u. andere Pastoralgeschäfte zuversehen; u. daß die Horger ein zu rohes u. verschmiztes Volk seyen für seine gerade, schlichte Einfalt, die jeden höher als sich selbst achte; u. zu wenig Menschenkenntniß habe, um die Leute genugsam zu unterscheiden; er würde Gefahr laufen, sich selbst auf die schreklichste Weise zuschaden; u. Hr. Pfr. hätte keinen Gehilfen an ihm, auf den er sich verlaßen könte: es sey für einmal seine Pflicht, sich mit Ruhe in diese baldige Umaenderung zufügen, u. für seine Gesundheit zusorgen: wenn die wieder fester sey u. fest bleibe, so dürfe er sich dann wieder für etwas umsehen, oder vielmehr, der Herr werde für ihn sehen, u. ihm wieder einen Plaz zeigen; Er werde ihn gewiß nicht ab der Hand laßen, u. ihn u. uns nicht über Vermögen versuchen. – Und so kam er nach u. nach zum ruhigen erfaßen deßen, was ihn sicher u. dauerhaft u. allein wahr beruhigen kan."
Dies Briefgen freüte mich, u. ich finde die Art u. Weise, wies dem l[ieben] Jaque gesagt ward, daß er nicht mehr auf Horgen könne, aüßerst paßend u. zwekerreichend: dennoch mußte er das, was ich ihm gestern schrieb, auch wißen, um zusehen, daß ers doch nicht lange zu Horgen neben Hrn. Pfr. ausgehalten hätte. Es muß immer alles ganz wahr gesagt u. dargestellt werden; u. erst dann kömt man zur Ruhe.
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