30.4.1804
Da ich schon lang im Sinn hatte, in die Stadt zugehen, besonders um, wenn es je möglich wäre, den l[ieben] Oberst Kirchberger2104
Ludwig Friedrich Kirchberger (1775-1815), 1792-1785 Offizier in holländischen Diensten, als Oberstleutnant Mitglied der Militärkommission, dessen Bataillon 1804 als Hilfstruppe in den Bockenkrieg gesandt wurde, 1804-1815 Salzbuchhalter, 1807-1815 bernischer Grossrat; vgl. Hauschronik, 50f., 162f.schliessen
aufzusuchen, ihn auch noch einmal zusehen; so entschloß ich mich, heüte mit dem l[ieben] Anneli2105Witwe des Bauern Emmanuel Fenner (gest. 1801) aus Dübendorf, die sich dem religiösen Zirkel um Diethelm Schweizer angeschlossen hatte; vgl. Finsler, Georg Gessner, 19f.schliessen
dahin zugehen: wir verreisten etwas vor 1 Uhr von hier; u. zogen langsam unter vielen Gesprächen unsern Weg; wir kehrten ein wenig zu Bändlikon2106Bändlikon oder Bendlikon, heute eingemeindetes Dorf am linken Seeufer, das zur politischen sowie zur Kirch- und Schulgemeinde Kilchberg gehört, Wohnort von Anna Margaretha (Grite) Keller und Anna Catharina (Cäther) Nägeli, vorher Brunner, geb. Keller.schliessen
ein, wo wir die Lieben wohl antrafen, wie wohl mir die l[iebe] Grite2107Anna Margaretha (Grite) Keller (1763-1820), Tochter von Elisabeth Gessner-Kellers Bruder Pfr. Heinrich Keller; vgl. auch Hauschronik, 67; Stammbaum Gessner-Keller, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
sehr mager vorkam. Etwa um halb 8 Uhr kam ich beym Kleinod an, u. ward von der l[ieben] Döde2108Dorothea (Döde) Gessner (1749-1830), Tochter von Pfr. Caspar Gessner u. Elisabeth, geb. Keller, ältere Schwester von Schweizers Gattin Anna, lebte damals bei Tante Anna Barbara Keller im "Kleinod", nach deren Tod 1810 im Hirzel, zuerst im Pfarrhaus, dann im Doktorhaus; Hauschronik, 33, 59, 91.schliessen
mit Freüden, u. von der l[ieben] Jgfr. Tante,2109Anna Barbara Keller (1736-1810), jüngste Tochter von Hans Balthasar Keller u. Regula, geb. Landolt, Schwester von Elisabeth Gessner-Keller; vgl. C. Keller-Escher, Genealogie der Familie Keller vom Steinbock von Zürich, Bd. 1 u. 2 (ZBZ, Ms Z II 613 u. 613a).schliessen
mit aller Freündlichkeit empfangen. Das erste, dem ich nach fragte, war, ob das Gerücht, das gestern in die Gemeine kam, daß nemlich das Kriegsgericht aufgelöst sey, wahr seye? Ja freylich, erwiederte man mir, u. zwar schon am Samstag sey es feyrlich aufgelöst worden,2110Einen Tag nach dem Vollzug der Todesurteile wurde das Kriegsgericht am 26. April 1804 aufgelöst; vgl. Annemarie Hunziker, Der Landamman der Schweiz in der Mediation 1803-1813, Zürich 1943, 64f.schliessen
u. seine Geschäfte seyen der Standeskommission2111Die mit ausserordentlichen Vollmachten ausgestattete Zürcher Bürgerkriegsregierung.schliessen
u. dem hiessigen Obergericht übergeben; die müssen in der Untersuchung u. Abstrafung der Rebellion fortfahren:2112Was sie auch taten. Um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, Frankreich habe die Zürcher zur Milde gezwungen, verhängte das Obergericht des Kantons Zürich zwei weitere Todesurteile, eines gegen Hauptmann Kleinert, das am 17. Mai vollstreckt wurde, ein zweites Kontumazurteil gegen Felix Schoch; Graber; Zeit des Teilens, 351.schliessen
je die Bessern u. Weisern sagen dabey – man müsse sich bey dieser unerwarteten Auflösung dies Kriegsgerichts nicht bange seyn laßen; es steke nichts Böses darhinten; u.s.f. Dies beruhigte mich nun, indem über diese Auflösung des Kriegsgerichts schon die fürchterlichsten Lügen ausgebreitet worden. Auch vernahm ich, daß nur der halbe Theil der Contingenttruppen nach Hause müsse; der andre halbe Theil bleibe im Canton; was mir Hofnung gab, daß nun einmal die Franzosen noch nicht im Spiel seyen. u.s.f. 