27.12.–31.12.1802
In den lezten Tagen dieses Jahres wurden wir nichts inne von unsern Gegnern: es war alles stille: dafür erhielten wir von verschiedenen Guten Mezgeten933
Am Montag Abend kam der junge Jaque934
Der Herr ist Erbarmer! Sein Namme seye gelobt izt, u. immerdar – Amen!
Mundartl. für: frisch Geschlachtetes.schliessen
und andere Gaaben. Am Montag Abend kam der junge Jaque934
Jakob Gessner d.J. (1782-1806), dritter Sohn von Hans Caspar Gessner und Bäbe, geb. Hess; ord. 1804, Vikar in Horgen, 1805 Katechet in Oberstrass, verfiel in Melancholie und hungerte sich zu Tode; ZhPfrB, 296.schliessen
ab dem Graben zu uns u. bliebe bey uns bis Freytag Nachmittag, wo er mit Hr. Nägeli,935Rudolf Nägeli, Bauer und Seckelmeister in Kilchberg, heiratete im März 1800 Anna Catharina (Cäther) Brunner, geb. Keller.schliessen
der uns an diesem Tag besuchte, wieder von uns schied – aber in einem fürchterlichen Zustand: wir bemerkten diesmal an ihm eine Gesprächigkeit u. Heftigkeit wie noch nie, mit der er dann das sonderbarste Lachen verband. Ueber das heütige Mittagessen brache das in so heftigem Grade aus, daß ers nicht mehr stillen konnte: wir erschraken, u. um ihn zuzerstreüen, sagten wir ihm, er solle seine Sachen in der Stube unten zusamen machen. Hr. Nägeli gieng zu ihm, um mit ihm zureden: da er kam, um Abschied von uns zunehmen, stand er wie ein Fieberkranker vor uns, redte kein Wort – wir durften ihn nicht zurük halten, u. hoften, er würde wenigstens bis auf Bändlikon wohl kommen. Eine fürchterliche uns bang machende Erscheinung! Hr. Nägeli sagte uns, es seye schon vor etwa 6 Wochen etwas aehnliches mit ihm vorgefallen. Der Herr erbarme sich sein, u. verwahre sein Herz u. seinen Kopf vor Verrüktheit! ––
Wir beschlossen dies Jahr mit einer Feyrstunde.936Unter "Feyrstunde" versteht Schweizer ein ausserhalb der Kirche im kleinen Kreis der Frommen eingenommenes "Privatabendmahl", wie er sie seit Februar 1778 in steigender Intensität mit den Töchtern der Familie Gessner feiert; vgl. im Begleitbuch zur CD das Kap. III, darin: "Gemeinschaft in Christo".schliessen
Die Summe unsers Gebethes war Dank gegen unsern Gott für alle Freüden u. für alle Leiden, mit denen dieses Jahr wie noch keines unsrer Lebensjahren angefüllt ist. Der Herr ist Erbarmer! Sein Namme seye gelobt izt, u. immerdar – Amen!
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