27.5.–1.6.1805
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Den 27–31.
Viele Krankenbesuche vor dem Fest: unter anderm auch beym alten Strikler,2676
Nicht identifizierbare Person aus dem im Hirzel zahlreich vertretenen Geschlecht der Strikler.schliessen
der in einer so Gestankvollen Kammer lage, daß ichs nicht zwo Minuten bey ihm erleiden mochte. Ich machte den Hausleüten Vorwürfe darüber, daß sie ihn so ligen laßen; es seye höchst verderbend für ihr Haus, u.s.f. Ja, erhielt ich zur Antwort, wer zahlt uns, wenn wir ihn rathsamen?2677
pflegen.schliessen
u.s.w. So wenig menschliches Gefühl haben viele meiner Gemeinsgenoßen; für jeden Liebesdienst, den sie erweisen sollen, u. der ihnen noch zu gut käme, wollen sie so gleich bezahlt seyn.
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Und nun noch eine Schlußanmerkung für diesen Monat.
Der l[iebe] Herr Doktor Lavater beym Waldreis2678
Wahrscheinlich Lavaters Sohn Heinrich Lavater (1768-1819), Bezirksarzt und Arzt am Zuchthaus in Zürich; HBLS IV, 636. Das Haus Waldreis ist das Elternhaus Johann Caspar Lavaters, in dem sein Sohn gemäss Bürgeretat von 1803ff. wohnte.schliessen
schrieb uns, der kranke Widmer aus dem Gerensteg2679
Widmer aus dem Geristeg, Bauernhof nördlich von Spitzen; vgl. Tagebuch vom 5.5. u. 12.6.1805.schliessen
könne nicht in den Spithal angenohmen werden: er wolle ihm aber in der Stadt für ein Tischort schauen, u. ihn dann unentgeldlich selbst verpflegen. Dies freüte uns aus der Maaßen, um so mehr, da des armen Mannes kranke Hand uns immer wichtiger vorkömt, u. wir sie mit unsrer Behandlung nicht weit zur Genesung bringen. Da wirs dem Widmer eröfneten, daß er nun in der Stadt werde besorgt werden, freüte er sich wie ein Kind, u. konnte nicht genug danken.
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Noch das – am 31 dies[es Monats] langten 3 Festgäste bey uns an: der l[iebe] Jaque Gesner,2680
Jakob Gessner d.J. (1782-1806), dritter Sohn von Hans Caspar Gessner u. Bäbe, geb. Hess; ord. 1804, Vikar in Horgen, 1805 Katechet in Oberstrass, verfiel in Melancholie und hungerte sich zu Tode; ZhPfrB, 296.schliessen
unsre Regel,2681
Regula (Regeli) Schweizer (1791-1874), dritte Tochter von Diethelm Schweizer u. Anna, geb. Gessner; vgl. Hauschronik 34 u. passim.schliessen
u. das l[iebe] Emmanuel Anneli.2682
Witwe des Bauern Emmanuel Fenner aus dem Dübendorfer Kreis.schliessen
Und
Samstag den 1 Brachm[onat]
Herr Wichelhausen u. seine Frau,2683
Johann Wichelhausen (1773-1838), von Bremen, Sohn des Engelbert Wichelhausen und der Margarete Sybille, geb. Ewald, Spezereien- und Weinhändler, verh. 13.3.1804 mit Elisabeth Gessner (1785-1858), Tochter des Hans Caspar Gessner und der Bäbe, geb. Hess.schliessen
u. Frau Toblerin aus der Auw.2684
Anna Katharina Tobler, geb. Schinz (1750-1816), Gattin von Franz Heinrich Tobler (1748-1828), Pächter, später Besitzer des Landgutes Au; W. Ganz, Die Familie Tobler von Zürich 1626-1926, Stammtafel 2.schliessen
Es konnte uns recht frappiren, auf dies H[eilige] Pfingstfest so einen Zusammenfluß von l[ieben] Leüten in unserm Hause zuhaben: besonders willkomm war uns die l[iebe] Toblerin, die sich eigentlich durch vieles hindurch kämpfen musste, um sich einmal einen stillen Festgenuß zuverschaffen: wir waren alle in herzlicher Liebe u. Frohheit bey u. unter einander; auch den l[ieben] Wichelhausen war es dermal ganz behaglich bey u. unter uns. Unsre Feyrstund2685
Unter "Feyrstunde" versteht Schweizer ein ausserhalb der Kirche im kleinen Kreis der Frommen eingenommenes "Privatabendmahl", wie er sie seit Februar 1778 in steigender Intensität mit den Töchtern der Familie Gessner feiert; vgl. im Begleitbuch zur CD das Kap. III, darin: "Gemeinschaft in Christo".schliessen
am ersten H[eiligen] Pfingsttag Abend war so zahlreich, wie noch nie. Es waren unser 10. Dieser Anblik rührte mich in der Seele, u. erwekte mich zum herzlichsten bethen. Weil wir zuvermischt u. ungleich waren, so gaben wir am End einander nur den brüderlichen u. schwesterlichen Händedruk.
Am Pfingstnachtag kam noch der l[iebe] Caspar2686
Kaspar Gessner (1780-1812), Sohn des Hans Caspar Gessner und der Bäbe, geb. Hess, Tapezierer, verh. 1807 mit Anna Lavater, Tochter des Horgener Pfarrers Johann Kaspar Lavater.schliessen
ab dem Graben, u. vermehrte so unsre Festgäste, wo dann die jüngern des Abends mit einander spazirten, wir aeltern aber bey der Frau Toblerin verblieben, u. sie, da sie diesen Abend wieder nach Hause wollte, noch eine Streke begleiteten: die Liebe scheint durch Caspars Kommen konsternirt worden zuseyn, was natürlich war: wir beredten sie daher auch nicht, noch bis Morgen zubleiben. Dem l[ieben] Jaque2687
Jakob Gessner d.J. (1782-1806), dritter Sohn von Hans Caspar Gessner u. Bäbe, geb. Hess; ord. 1804, Vikar in Horgen, 1805 Katechet in Oberstrass, verfiel in Melancholie und hungerte sich zu Tode; ZhPfrB, 296.schliessen
gieng es gestern in der Nachmittag-Predigt, u. heüt in der Kinderlehre gut: er hatte wirklich eine artige Pfingstpredigt: er war auch zimlich aufgemuntert u. ohne hypochondrische Einfälle: nur wollte er nach der Kinderlehre Miene machen, in die Stadt zugehen: allein, ich band kurz ab u. sagte, aus dem werde gewiß nichts; er müsse izt bey uns u. bey seinen Geschwistern bleiben; es sey ja das erste Mal, daß sie alle mit einander bey uns seyen: er gabe sich zufrieden. Dem l[ieben] Emmanuel Anneli waren wir, so viel wir konnten; es hatte herzliche Freüde, so viele unsrer Lieben bey einander zusehen.

 


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