26.3.1801
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Den 26
Schrieb ich der l[ieben] A. Maria Bernet auf Ihren Brief v. 21 dies[es Monats] folgendes ...
"Ja wol war uns, m[eine] Th[eüre]! die Nachricht von dem Hinscheiden Ihrer theüersten besten Mutter unerwartet, da wir sie in der l[ieben] A. Barbara Brief an unsre th[eüre] Bäbe lasen.
U. nun theilen Sie uns diese Nachricht noch eigens mit in einem Brief, der meinem Herzen recht wohl machte.
Mit solchem Kindersinn u. mit solcher frommen Religiosität muß der Verlust einer solchen Mutter, wie die Ihrige war, aus der Hand des prüfenden Vaters angenohmen u. getragen werden.
So muß der Schmerz u. die Weehmuth eine so plötzliche Entreißung des Liebsten, das man auf der Erde hat, gefühlt, aber mit der Freüde über das schnelle hinüber Fliegen eben dieses Liebsten gleichsam gekühlt u. gemässigt werden.
[...]612
Schweizer bestätigt im Folgenden v.a. die Gedanken aus dem Brief der Anna Maria Bernet (3/4 S.).schliessen

Und all das, diese Sehnsucht, dieser Kindersinn, diese fromme Religiosität bey einem so schweren Verlust – wodurch wird sie in uns gewirket? ich weiß durch nichts, als durch Religion u. durch das ächte Christenthum Jesu. Ja, das ist in Freüd u. Leid die beste Stellerin auf den Standpunkt, von dem aus Freüd u. Leid allein zum Segen angenohmen u. genüzt werden kan. Die Religion und das liebe Christenthum Jesu hab ich auf's neüe bewillkommet u. geherzet in mir, daß es dies bey Ihnen gethan, u. Ihre gerechten weehmütigen Thränen so geleitet hat, daß sie sich, mitten indem diese floßen, doch auch zur Freüde durchschlagen mogten.
O m[eine] Th[eüre]! wie Sie bey der Religion u. dem Christenthum Jesu bleiben werden – u. gerne bleiben Sie dabey! so wird vorzu ein Ihnen vorleüchtendes, Sie leitendes Licht auf Ihrem Lebensweg, auf welche Seite der bezeichnet werde, Sie erfreüen, u. Ruhe Ihrem Herzen geben mit der frohen Hinaussicht, daß Sie einst an Ihrem Zihle den Herrn anbethen, u. in seiner wunderbaren Liebe stillschweigen werden! u.s.f."
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Aus einem öffentlichen613
Öffentlich bedeutet hier für die ganze Familie resp. den Freundeskreis bestimmt: Ein Brief wurde ad personam adressiert als "Alleinbriefgen" (vgl. Tagebuch vom 13.-17.2.1797 u. Anm.) oder eben öffentlich, wenn er dazu bestimmt war, im Verwandtschafts- und Freundschaftskreis herumgereicht zu werden.schliessen
Brief an unsre Geschwister in Zürich.
"Ja, nun haben wir die frohe Nachricht von der glüklichen Entbindung der l[ieben] Nette614
Anna Gessner-Lavater (1771-1852), Tochter von Johann Caspar Lavater u. Anna, geb. Schinz, verh. 1795 mit Hans Georg Gessner.schliessen
von Georg615
Hans Georg Gessner (1765-1843), Sohn von Pfr. Caspar Gessner, Schwager von Diethelm Schweizer, verh. mit 1) 1791 Bäbe Schulthess, 2) 1795 Anna Lavater; ord. 1787, dann Vikar seines Vaters in Dübendorf, 1791 Diakon und 1794 Pfr. am Oetenbach und Diakon am Fraumünster, 1799 Pfr. am Fraumünster, 1828 Pfr. am Grossmünster und Antistes; ZhPfrB, 295; HBLS III, 500; Georg Finsler, Georg Gessner, 1862.schliessen
selbst. Wir freüen uns ihrer Freüde u. des Segens, mit dem der Herr ihr Haus heimgesucht hat.
Jung616
Johann Heinrich Jung (1740-1817), genannt Jung-Stilling, Arzt, Prof. für Kameralistik und religiöser Schriftsteller. 1770-1772 Studium der Medizin in Strassburg, wo er Goethe kennenlernte, der ihn zur Niederschrift seiner Lebensgeschichte anregte, ab 1772 praktizierender Arzt, bekannt geworden v.a. durch seine Staroperationen, 1778 Professor für Landwirtschaft, Technologie und Vieharzneikunde an der Kameralschule Kaiserslautern und Heidelberg (1784), 1787 Professor für Kameralistik in Heidelberg, 1803 Berater des Kurfürsten, nachherigen Großherzogs Karl Friedrich von Baden (1728-1811) und freier religiöser Schriftsteller; publizierte u.a. den Roman Das Heimweh (1794-1796) u. die Zeitschrift Der graue Mann (1795-1816); Beziehungen zu Lavater, Jacobi, Juliane von Krüdener und zu unzähligen pietistischen Konventikeln, u.a. zu den hier erwähnten Zürcher, St. Galler und Schaffhauser Kreisen. Umfangreiche Korrespondenz (ca. 20000 Briefe); NDB X, 665-667; Killy VI, 160-162; Hauschronik, 57, 66, 86, 163.schliessen
kömt nach Zürich .. wir horchten sehr auf diese Nachricht, die wir gestern in eüren beyden Briefen lasen.
Es ist sehr frappant, daß dieser christliche Wirker für Christus Reich izt – zu dieser Zeit auf Zürich kömt.
Begleitet ihn wohl der graue Mann617
Anspielung auf die "das Gewissen oder die züchtigende Gnade" repräsentierende Figur des grauen Mannes im allegorischen Roman "Das Heimweh" von Jung-Stilling bzw. auf die von ihm herausgegebene Zeitschrift "Der graue Mann"; vgl. Johann Heinrich Jung-Stilling: Das Heimweh. Vollständige, ungekürzte Ausgabe nach der Erstausgabe von 1794-1796, hg., eingeleitet und mit Anmerkungen und Glossar versehen v. Martina Maria Sam, Verlag am Goetheanum, Dornach 1994, 967; Gerhard Schwinge, Jung-Stilling als Erbauungsschriftsteller der Erweckung. Eine literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchung seiner periodischen Schriften 1795-1816 und ihres Umfelds, Göttingen 1994 (Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Bd. 32); vgl. auch Memorabilien der Zeit 24.1.:2 u. 23.11.:1.schliessen
auch? wie werden wir vor ihm bestehen?
Es ist schier, als wenn ihn Christus schikte, eine Hausvisitation unter den zürcherischen Christen, die ihn alle vom grösten bis zum kleinsten werden sehen wollen, zuhalten, u. zu erforschen, [35] wie viel Einigkeit des Herzens u. des Geistes unter ihnen herrsche.
Ob er auch in unser Haus kommen werde – das wissen wir nicht: aber das wol, daß wir ihn mit unserm ganzen Herzen aufnemmen, u. nach unserm ganzen Herzen, wie man's mit ihm darf, mit ihm reden würden.
Etwelche Hofnung dazu giebt uns das, daß er bey unsern Lieben beym Fraumünster618
Zu jener Zeit war Schweizers Schwager Georg Gessner Pfarrer zu Fraumünster.schliessen
sein Quartier nehmen wird. Da ist er ja bey unsern Geschwistern; u. unsre andern Geschwister werden ihn da sehen: u. die werden ihm dann etwa beylaüftig erzählen, daß sie auf einer anmuthigen Berghöhe noch andre Geschwister haben, die ihn auch lieben u. auch zusehen wünschen. u.s.f. Das alles wird sich zeigen, u. wir nehmen jede Instruktion, die er vom Herrn, oder vom grauen Mann erhalten wird, mit Ruhe an."
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