24.1.1805
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Donst[ag] den 24.

An die l[iebe] Helena Schlatter-Bernet2448
Helene Schlatter-Bernet (1764-1830), Tochter des Ratsherrn Caspar Bernet und der Cleophea, geb. Weyermann, verh. mit Salomon Schlatter, Kaufmann.schliessen
in St. Gallen.
"Ich schreibe Ihnen, m[eine] Freündin! an Ihrem Geburtstage: u.
da danke ich Ihrem u. meinem Gott, daß Er Sie auf diese Erde geboren werden ließ: daß Er in u. mit Ihnen Ihren sel. Aeltern ein liebes Kind, Ihren Geschwistern eine theüre Schwester, Ihrem Gatten2449
Salomon Schlatter (1757-1807), Gatte von Helene, geb. Bernet, Kaufmann; vgl. Stammbaum Schlatter-Bernet, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
eine innige Ehgenossin, Ihren Kindern2450
Ihre Söhne sind Salomon (1790-1836), später verh. mit Cousine Sabina Hess, Tochter der Judith Hess-Bernet, und Daniel Schlatter (1791-1870), der "Tatarenschlatter", 1830 verh. mit Cousine Henriette Schlatter, Tochter der Anna Schlatter-Bernet; Stammbaum Schlatter-Bernet, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
eine zärtliche Mutter, u. mir u. allen Ihren Freünden u. Freündinen eine zärtliche Freündin geschenket hat.
Sehen Sie da den Punkt, um den sich Ihre zurük gelegten 41 Lebensjahre herum wirbeln. Gewiß stehen Sie erstaunt auf diesem Wirbel, der Sie Ihres Gottes, dem Sie das Leben u. alle Schikungen dieser Ihrer 41 Jahren zuverdanken haben, gewiß machet. Oh des Gottes unsers Lebens u. unsrer Lebensgeschichte gewiß seyn, sich in diesem Gott freüen könen – ist wahres menschliches Leben, und Pfand, daß man von Ihm in das menschliche Leben gesezt worden sey, u. von Ihm durch [111] das physische in das pneümatische2451
Griech. pneuma (Luft, Atem), theologisch: vom Geist Gottes durchdrungene.schliessen
Leben geführt werde. Oh währe Ihr Erdenleben noch lange! denn deßelben bedürfen viele mit Ihrem Fleisch u. Blut Eins u. Verwandte, u. mit Ihrem Geist u. Herz Verbundene! Der Herr erhöre dies mein Gebeth – Amen!
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Herzlich danke ich Ihnen für Ihren Brief vom 6ten dies[es Monats]: Sie haben ihn an einem Tage geschrieben, der mir meinen th[eüren] Schwehervatter,2452
Caspar Gessner (1720-1790).schliessen
meinen einzigen Sohn,2453
Caspar Schweizer, erster Sohn von Diethelm und Anna Schweizer-Gessner, geb. 23.2.1794, starb am 10.5.1796 in Diepoldsau an Pocken; vgl. Tagebuch April-Mai 1796, Bg. 430 (Ms Z V 614).schliessen
den ich hatte, u.2454
Im Tagebuch: u. u.schliessen
den unvergeßlichen Lavater sel.2455
Johann Caspar Lavater (1741-1801), Sohn des Johann Heinrich, Arztes, und der Regula Escher vom Glas, verh. 1766 mit Anna Schinz; ord. 1762, 1765 Mitglied der Helvetischen Gesellschaft und Mitarbeiter am Erinnerer, 1769 Diakon, 1775 Pfr. am Oetenbach, 1778 Diakon, 1787 Pfr. an St. Peter. Mit seinen Werken (bes. den Physiognomischen Fragmenten zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe (1783-1787) und den Aussichten in die Ewigkeit (1768/69) wurde er eine europäische Berühmtheit, unterhielt Kontakte mit u.a. Spalding, Herder, Jung-Stilling, Claudius, Goethe; HBLS IV, 636; ZhPfrB, 403; Killy VII, 181-183.schliessen
in liebliches Andenken brachte: es war Caspar Tag; u. alle drey hießen Caspar: u. so haben Sie zufälliger Weise mich an Liebe mit Dank u. Freüd u. Liebe denken gemacht, an die Sie wahrscheinlich nicht dachten, wenigstens an zween nicht denken konnten. So ist oft der Tag, an welchem wir schreiben, von Gott bezeichnet für die, an die wir schreiben. So wißen wir oft nicht, was wir thun, u. lernens hernach verstehen. Oh würden wir nur immer jeden Tag thun, was unser Gott uns thun heisst – wir würden gerade das thun, was Er in unsre Herzen geschrieben hat, daß wir an diesem Tag thun sollen.
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Ihrer in Ihrem Briefe geaüßerter Neüjahrswünschen seye unser Gott der gnädige Erfüller für mich u. für Sie! ach, was bedürfen wir mehr, als des Geistes, der in alle Wahrheit leitet u. auch die Wahrheit uns annehmen lehrt, die uns angreift, uns erschüttert, u. uns reinigen will entweder von Vorurtheilen, die wir noch haben, oder von Eigenliebe u. Selbsteingenohmenheit, die uns noch anklebt, in der einzigen Absicht, damit wir durch nichts dem Herrn ferne werden, von dem wir so bald wegzerstreüt sind. Stets bedürfen wir dieses uns beym Herrn nahe Halten des Geistes: u. wohl uns, daß Er verheißen ist als der, der in die Ewigkeit bey uns bleiben wird!
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Ich sehe aus Ihrem Brief, daß die dunklen Nächte u. Herzensleiden, durch die Sie u. die Ihrigen im vorigen Jahre wandeln mußten, Sie dem Herrn u. Ihnen selbst näher gebracht haben: ich preise mit Ihnen dafür den Herrn, denn Sie haben von diesen dunkeln Wegen einen großen Gewinn davon getragen. Die lebendige Ueberzeügung in sich haben – 'die Hand des Herrn führet mich; u. durch alle Führungen will der Herr mich laütern, mir meinen wahren Gehalt aufdeken, u. den Reichthum seiner Gnade an mir zeigen' – diese lebendige Ueberzeügung in sich hinein bekommen – welch ein reicher Gewinn ist das! welche Zufriedenheit mit dem Willen des Herrn, u. welche kindliche Ergebung in denselben verschaft uns diese Ueberzeügung! Oh sie bleibe auch in diesem Jahr Ihnen, mir u. allen, die mit uns den Herrn Jesum verehren u. seine Erscheinung lieb haben, stets lebendig, u. immer kräftig wirksam zu unserm Heil!
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Sie haben ein neües Tagwerk bekommen, u. sind eine Krämerin geworden!2456
Wie ihre Schwester Anna Schlatter-Bernet, die den jüngeren Bruder Salomon Schlatters geheiratet hatte, musste Helene Schlatter-Bernet manchmal auch im Laden ihres Mannes aushelfen; vgl. Marianne Jehle-Wildberger, Anna Schlatter-Bernet, 25.schliessen
Ha, da möcht ich Sie auch in Ihrem Laden sehen! u. der lieben freündlichen Krämerin auch etwas abkaufen. Der Herr laß es Ihnen wohl gelingen, u. vermehre Ihnen durch diese Schuhle vornemlich Ihre Menschenkenntniß! Aber wie meine Liebe! handelt denn Ihr Gatte überall2457
überhaupt.schliessen
nicht mehr, daß Ihre Söhne so anders wo die Handlung lernen müßen? ich schliesse es beynahe daraus, daß Sie schreiben – 'Mein Mann trägt sein Schiksal mit Geduld u. Ergebung.' Es ist doch fürchterlich, wie viel aüßerer Druk durch die Revolution entstanden ist; wie viele handelnde Familien in ihrem Handel gestöhrt, u. damit manchem redlichen Armen sein Verdienst u. Brodt geraubt worden ist! Gottlob, daß Sie, Ihr Gatte, u. Ihre th[eüren] Kinder gesund sind. Der Herr wird Sie gewiß nach Ihrer Liebe zu Ihm segnen, u. Ihren Glauben krönen. Er verlässt die Seinen nie, u. hilft oft ganz unversehens! u.s.f."
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An diesem Donstag Abend kam der l[iebe] Vater Caspar ab'm Graben2458
Schweizers Schwager Hans Caspar Gessner (1748-1828), Tuchpresser, verh. mit Bäbe Hess, einer Schwester des Landschreibers Hess u. Tante von Setli Hess; Stammbaum Hess-von Orelli, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
mit der Sette Hess2459
Maria Elisabeth (Setli) Nüscheler-Hess (geb. 1786), Tochter des Landschreibers Rudolf Hess (1750-1798) und der Anna Elisabetha, geb. Hofmeister (1770-1800), Nichte von Bäbe Gessner-Hess; nach dem frühen Tod der Eltern im Haus Gessner-Hess auferzogen: verh. 1809 mit Hans J. Nüscheler (geb. 1789), Sohn von Pfr. Friedrich Salomon Nüscheler und der Anna, geb. Ulrich (geb. 1756); vgl. Hauschronik 141; Stammbaum Hess-von Orelli, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
zu uns. Es war seit dem neüen Jahr immer die Rede davon, daß sie zu uns kommen wollen; u. nun kamen sie heüte, wo wir nicht dran dachten. Der l[iebe] Caspar erzählte uns, daß Herr Pfarrer Beyel2460
Konrad Beyel (1769-1811), Bruder von Pfr. Hans Georg Beyel (1777-1823), ord. 1794, Pfr. in Bärental, Württemberg, 1797-1805 in Berneck, danach in Flaach; EvPfrSG, 126; ZhPfrB, 195.schliessen
von Bernek aus dem Rheinthaal zu Zürich sey, der ihm gesagt –
1. die Dieboldsauer haben einmal eine Bittschrift der Regierung zu St. Gallen eingegeben, die sie mit den Worten beschloßen haben: "u. dann möchten sie auch einen eignen Wasenmeister,2461
Abdecker.schliessen
u. das im Nammen der H[eiligen] Dreyfaltigkeit."
2. Seyen die Dieboldsauer durch die Revolution fürchterlich liederlich worden: sie vertrinken all ihr Geld.
3. Sey der Ammann Hensel von Witnau /ein ehedem sehr angesehner u. intriganter, aber sehr schlimmer Mann/ aus Armuth in einem Viehstall gestorben. Auch lebe der Krämer zu Dieboldsau nicht mehr. Dies waren für uns eben nicht gleichgültige Nachrichten aus dem Rheinthaal.
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