21.12.1799
Hier ein Auszug aus einem Brief v. der l[ieben] Helene Schlatter324
Helene Schlatter, geb. Bernet (1764-1830), Tochter von Caspar und Cleophea Bernet-Weyermann, verh. mit dem Kaufmann Salomon Schlatter (1757-1807).schliessen
v. St. Gallen: v. 15 d[es Monats]. "Auch darin gönnte mir der Herr ausgezeichnet viel Gutes, daß ich in einer so heißen Leidenszeit 7 Wochen im Bad zu H. Ems325
Die l[ieben] Streichers326
Die Judenfamilien327
Und, wie stehets nun im Rheinthaal? Ach Gott! aüßerst traurig, besonders in den Dörfern nahe am Rhein. Die Weinlese war ganz gefehlt; das Land das ganze Jahr hindurch mit Truppen überschwemmt, u. nun ein solcher Mangel, daß die armen Einwohner gewiß bald ausziehen müßen, wenn der Herr sich ihrer nicht erbarmet!"
Dies Geschichtliche aus diesen mir so wohl bekannten Gegenden ist mir auf den Beschluß dieses Jahres wichtig. Hohenems, gegenüber von Diepoldsau auf der Vorarlberger Seite des Rheins.schliessen
zubringen konnte, um womöglich meine geschwächte Gesundheit wieder herzustellen. Es kostete mich viel Ueberwindung, so viel an mich zuverwenden: aber meine Ansichtsweise, in dem Willen der Menschen den Willen des Herrn zu verehren, beruhigte mich ganz hierüber: ich habe zwar nun nicht den Nuzen davon, den ich hofte für meinen Körper; aber mein Geist hat da unbezahlbare Erfahrungen gemacht, die ich im stillen haüslichen Kraiß nie hätte machen können: u. für dies danke ich meinem Gott mit warmem Herzen. Die l[ieben] Streichers326
Ein Herr Streicher mit seiner Familie wird von Diethelm Schweizer in einem Brief vom 7.8.1796 (FA Schweizer/Heusser E I 1) erwähnt; die Familie war vor den Kaiserlichen geflohen und wurde in Altstätten aufgenommen.schliessen
sind Gottlob sehr wohl; nur waren sie immer mit übermässiger Einquartirung geplagt, u. deßwegen des Baads herzlich müde: sie sind immer die guten, rechtschaffenen Leüte, deren Freündschaft mir innig wohl thut. Es war ihnen ein grosses Vergnügen, von mir Nachrichten von ihnen zu empfangen u. sie so glüklich verpflanzt zuwißen. Die Gegenden um Ems sind aüsserst arm u. ausgesogen: doch musst ich erstaunen, daß die Alleraermsten noch so gelaßen – viel gelaßner als bey uns – ihre Bürde tragen. Die Judenfamilien327
Schweizer hatte in seiner Diepoldsauer Zeit eine Familie geflohener Juden aufgenommen (vgl. Brief an Helene Schlatter-Bernet vom 7.8.1796; FA Schweizer/Heusser E I 1), die Flüchtenden auch sonst unterstützt und war dabei von Mitgliedern der Familie Bernet mit 24 Gulden unterstützt worden (Brief an Helene Schlatter-Bernet vom 29.9.1796, FA Schweizer/Heusser E I 3). Diepoldsauer Tagebuch 1796, Brachmonat-Herbstmonat, Bg. 435,4.schliessen
befinden sich sehr wohl: es scheint mir aber, der Charakter derselben habe sich durch die vielen Einquartirungen von Offizieren sehr verschlimmert: es herrscht ein Leichtsinn u. eine Freiheit bey ihnen, der mich sehr leiden machte. Heinrich Levi328Familienoberhaupt der Judenfamilie, die Diethelm Schweizer im Pfarrhaus Diepoldsau aufgenommen hatte; vgl. Brief an Helene Schlatter-Bernet vom 7.8.1796 u. 18.9.1796, FA Schweizer/Heusser E I 1 u. 2.schliessen
und seine Familie, die ich oft besuchte, fragten ihnen theilnehmend nach, u. freüten sich ihres Wohlbefindens. Und, wie stehets nun im Rheinthaal? Ach Gott! aüßerst traurig, besonders in den Dörfern nahe am Rhein. Die Weinlese war ganz gefehlt; das Land das ganze Jahr hindurch mit Truppen überschwemmt, u. nun ein solcher Mangel, daß die armen Einwohner gewiß bald ausziehen müßen, wenn der Herr sich ihrer nicht erbarmet!"
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