20.5.–21.5.1804
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Den 20 u. 21 – Pfingsten ...
Ueber diese beyden Festtage war der l[iebe] Jaque ab dem Graben2152
Jakob Gessner d.J. (1782-1806), dritter Sohn von Hans Caspar Gessner und Bäbe, geb. Hess; ord. 1804, Vikar in Horgen, 1805 Katechet in Oberstrass, verfiel in Melancholie und hungerte sich zu Tode; ZhPfrB, 296.schliessen
bey uns: er predigte am ersten Tag Nachmittag, u. am 2ten hielt er die Kinderlehre: erstere hörte ich auch an; er redte über die Worte – "wo der Geist des Herrn ist, da ist Freyheit":2153
2. Kor. 3,17: "Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit."schliessen
sein Aufsaz war nicht genug ausgearbeitet, u. sein Vortrag sehr kalt u. eintönig: Er taufte hier das erste Mal, u. gieng gut von Statten, doch war sein reden u. bethen auch ohne Feüer u. Geist. Diese Kälte bemerkten wir diesmal in allem, was er that u. redte. Mamma2154
Schweizers Gattin Anna (Nette), geb. Gessner (1757-1836)schliessen
u. ich hatten am 2ten Tag Abend ein ziemlich langes Gespräch mit ihm über Christus: er behauptete, daß man sich Christum nie genug als Richter denken könne: wir hingegen sagten ihm, daß das doch nicht die erste Vorstellung seye, die man sich von Christus machen müsse: es diene zu unserm größern Frieden, wenn wir uns Christum als unsern Versöhner, Mittler, Fürsprech, Herrn, König denken: diese Vorstellungen führen uns auf seine überschwengliche Liebe zu uns; jene hingegen – die Vorstellung als Richter führe uns auf sein Strafamt, das doch immer mehr die Bösen unchristlichen als die guten christlichen Menschen angehe: es seye für uns beruhigender u. ermunternder, wenn wir uns den Herrn Jesum immer in seiner Liebe zu uns vergegenwärtigen: u.s.f. So u. in diesem Tone redten wir diesmal mit Absicht mit dem Lieben, weil wir ihn etwas furchtsam u. aengstlich fanden: auch konte er oft seine Ieden2155
Vermutlich Verschrieb für: Ideen.schliessen
u. Gedanken nicht zu Worten bringen, u. er stuhnde oft lange an, wie er sich ausdrüken wolle. Sonst bemerkten wir izt nichts weiter an ihm: er schien munter u. froh zuseyn, u. nahm auch an allem Theil, was etwa vorfiele. Ganz recht u. in der Ordnung ist der Liebe nicht, sein Geist ist gebunden; u. nur des Herrn Geist kan seinem Geiste Freyheit geben. Dienstag am 22 gieng er wieder zurük auf Zürich.
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