Kame unsre Bäbe⁴⁸⁸ zu uns mit der l[ieben] Judith Heß⁴⁸⁹ v. St. Gallen u. blieben bey uns bis Dienstag Nachmittag den 23. Ein lieblicher Besuch! Die l[iebe] Heß ist voll religioser Bedürfnissen, aüsserst lernbegierig, voll Deemuth u. Kindlichk[eit] u. nur gar nicht bliken lassender Erhabenheit.
Meine Nette⁴⁹⁰ begleitete sie in die Stadt, weil sie das l[iebe] Dödeli⁴⁹¹ entwöhnen wollte: sie bliebe daselbst bis
den 2 Weinm[onat]
Während welcher Zeit wir die l[iebe] Heß noch öfters sahen; u. noch einige unterhaltende Stunden mit ihr hatten. Den 1 dies[es Monats] nahmen wir Abschied von ihr, weil sie den 4 dies[es Monats] auch wieder zuverreisen Willens war.
Während welcher Zeit wir auch den th[eüren] schwer leidenden Lavater sahen, u. auch seine heiß gedrükte Gattin. Ach, daß es da des mit Faüsten Schlagens einmal genug wäre! Während dieser Zeit wohnte ich auch einmal der Bibel forschenden Gesellschaft⁴⁹² bey dem l[ieben] Herrn Antistes Hess⁴⁹³ bey: es war mir da recht behaglich: diese Gesellschaft scheint besonders sehr Nuzreich für junge Studierende zuseyn. Leütpriester Schultheß⁴⁹⁴ frappirte mich sehr um seines Freündesintresse willen für Christus.
Mit herzlichem Dank u. inniger Freude blikt meine Nette u. ich in diesen Stadtbesuch zurük, u. abstrahieren von dem auf jenes uns aufbehaltene Rükbliken in den höhern Gegenden auf das von uns durchwanderte Schattenthaal. O welche Seligkeit wird uns das gewähren – zumal wir dann im Licht erkennen werden, was hier auf Erden dunkel war! Nur von dieser Seite – wie aüßerst wünschbar ist die Fortdauer unsers Wesens!