19.2.–20.2.1805
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Dienstag den 19 Horn[ung]
Musste vor mir erscheinen Heinrich Landis2513
Siehe über diesen Heinrich Landis auch die dazu gehörenden Auszüge aus dem Hirzler Stillstands-Protokoll vom 6. Dezember 1804, Dok. 33.schliessen
[Dok. 33] – der Seiten Bub, einer meiner aergsten Feinden: er ward von des Löther Tonis Tochter2514
"Lööter" = Kesselflicker, aber auch Pfuscher, schlechter Arbeiter; Schweizerdeutsches Wörterbuch III, 1501; hier ist wohl, moralisch auch abwertend, die Tochter eines Fahrenden gemeint. Nach dem Brief Pfarrer Schweizers vom 21.2.1805 an das Zürcher Ehegericht handelt es sich bei dieser Tochter um Maria Welti von Freienbach (SZ), "eine Landkrämerin u. junge Erzhur", wie Schweizer schrieb; siehe Dok. 33.schliessen
[Dok. 33] zum Vater ihres auf dem Herzen tragenden Kindes angegeben. Dieser Mensch stellte sich wieder alle meine Erwartung deemüthig vor mir; bathe mich so gleich ohne allen Wink um Verzeihung seiner Fehler gegen mich, er wolle mir gerne wieder zur Kirche kommen: /er ist einer von denen, die seit Martini2515
11. November: Der Martinstag bildete den Abschluss des landwirtschaftlichen Pachtjahres und war daher Tag des Erntedanks, Zinstermin und Markttag.schliessen
1802 die Kirche nie mehr betrat/ er habe sich schreklich gegen mich versündigt, er sehe es nun ein, daß ich unschuldig verfolgt worden, ich solls ihn doch nicht entgelten laßen, u. mich seiner in der gegenwärtigen Noth annehmen: u.s.f. Ich erwiederte:
Wenn es ihm bey diesem seinem reümüthigen Bekenntniß ernst seye, so sey es meine Christenpflicht, ihm zuverzeihen, u. ich versichere ihn, daß ich alles von ihm gegen mich Verübte gewiß vergesse; u. in Absicht auf seine izige Angelegenheit keine Rüksicht darauf nehmen werde: ich köne aber auch nicht, weil seine izige Sache für das Ehegericht gehöre, das sich mit dem über mich ergangenen Hirzler-Sturm nicht befange: ich werde diesen Fall dieser Behörde unpartheyisch überschreiben, ohne alle Rüksicht auf seine abscheülichen Vergehungen gegen mich, u.s.f. Sein Stehen in der Stube, wo er Genoß derer war, die die Fenster einwarfen, u. alle andern Bubenstüke, die im Jahr 1802 u. 1803 beym Pfarrhaus begangen worden, all das lag izt Centner schwer auf ihm, er wainte vor mir, faltete seine Hände, u. versprach mir Beßerung seines Lebens. Beym Abschied reichte er mir die Hand, u. bath mich nochmals um Gottes willen um Verzeihung.
Bey diesem Anlaß muß ich hier nachhohlen, was mir gestern begegnet ist: ich besuchte nemlich wieder den kranken Höhn an der Straaß,2516
Möglicherweise dieselbe Person, die er am 12. Februar 1805 besuchte; An der Strass: Hofgruppe nordwestlich von Hirzel Kirche, wo damals die Passstrasse vorbeiführte.schliessen
der sich nun wieder erhohlet: ich war mit seiner Frau allein bey ihme, u. da entdekten mir beyde, daß ihre Tochter fürchterlich in die Revolution hinein gezogen, u. auch gegen mich gar sehr eingenohmen worden sey: sie haben schreklich viel mit ihr zuthun u. zuleiden gehabt: izt aber seye sie Gottlob wiedergebracht: sie haben nicht anders könen als mir das zueröfnen, ich soll es nun sicher annehmen u. glauben, daß ihr ganzes Haus mir mit Leib u. Seel zugethan seye: sie wollen gerne meine Schaafe seyn, u. sich von mir führen u. leiten laßen: u.s.f. Dies zuhören, frappirte mich gar sehr, u. ich mußte es als Beweiß annehmen, daß mein Gott mir nach u. nach alle meine Feinde versöhnen wolle. Mit gerührtem Herzen schied ich von ihnen; – auch die Tochter erzeigte sich gegen mich artig, freündlich u. höflich, u. bezeügte mir ihre Freüde über das Wiederaufleben ihres Vaters. Uebrigens scheint die Aergsten, die sich wieder mich erhoben, ein Unglük nach dem andern zutreffen; u. dies fällt der ganzen Gemeine auf: daher sucht mit mir Frieden zumachen jeder, der nur auch noch ein wenig menschliches Gefühl hat.
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[114] In dieser Idee wurde ich bestärkt durch die Lieben im rothen Haus,2517
Die Familie von Hans Heinrich Höhn, Gemeinderat seit 1803; das "Rothus" steht an der Zugerstrasse, südlich von Hirzel-Kirche. Am Türsturz befindet sich ein Wappen mit Initialen von Hans Ulrich Höhn und der Jahreszahl 1776. Möglicherweise ist dieser Hans Ulrich Höhn der Vater von Hans Heinrich Höhn; Abb. in: Jürg Winkler, Der Hirzel, 59.schliessen
denen ich heüte
den 20
den ersten Besuch in diesem Jahre machte: es war mir wirklich leid, sie so lange nicht besuchen zukönnen. Wir redten izt eben vornemlich mit der gänzlich umaenderten Lage meiner Gemeine mit mir; wo mich der Hausvater frappirte, u. sagte, es sey immer sein Wunsch gewesen, daß alle Kerls, die sich wieder mich erhoben, wieder zu mir ins Pfarrhaus kommen müssen: so sey es nun schon einigen gegangen; u. es köne ihn recht freüen, wenn einer so in die Enge getrieben werde, sich an mich zuwenden, u. mich als seinen Pfarrer zugebrauchen: das sey gewiß die härteste Strafe für sie: u.s.f. ich erzählte ihnen noch einige andre Auftritte, die ich dies Jahr schon hatte, worüber sie sich mit mir freüten. Gleichwohl war mir auch diesmal, wie schon viele vorige Male, nicht ganz wohl u. behaglich bey ihnen. Der Mann ist ein guter ehrlicher arbeitsamer Landmann, dem's am behaglichsten bey seiner Arbeit ist, u. ausser der er so gern von nichts anderm wisste, u. hörte: die Frau hat u. besizt viel Gutes u. Wohlthätiges, ist aber dabey streng haüslich, u. wünscht oft um ihrer politischen Grundsäzen willen ein Mann zuseyn. Der Sohn ist ein bey allem sich fürchtendes, nirgends zugreifendes Wesen, u. seine Frau scheint eine liebe, aber eingekerkerte Seele zuseyn.
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