12.6.1803
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Sontag den 12 Brachm[onat]
Es war heüt ein aüßerst schöner lieblicher Tag. Die Kirche war daher heüt Morgen ganz mit Zuhörern angefüllt, was mir innig wohl thate. Ich konnte auch mit ganzer Herzensruhe das Evangelium meines Gottes meiner Gemeine verkündigen.
Es war in der vorigen Woche ein Hurenkind zur Welt geboren: ich bestimmte seine Taufstunde auf Montag Morgen 9 Uhr, wo ich einer Leiche abzudanken hatte. Was geschah? Vor dem Einlaüten kamen diesen Morgen der Göthi u. Gothen mit dem Kind, u. wollten das durchaus wie ein ehliches Kind vor dem Gesang nach der Predigt getauft haben. Da ich es ihnen abschlug, u. sagte, daß ich das Kind, weil sie doch mit ihm da seyen, nach dem Gesang, wenn die Gemeine aus einander gegangen, taufen wolle; siehe, so machten sie sich mit dem Kind auf u. davon, u. giengen mit ihm durch alle Leüte, die zur Kirche kamen, nach Hause. Welche Frechheit u. welcher Stolz! Die Huren hier glauben, man dürfe sie in nichts berühren, u. maaßen sich an, daß man sie noch Ehrenvoller behandle, als andere Leüte. Uebrigens nahms mir die Gemeine gut auf, daß ich mit der Taufe dieses Kindes gemacht, wie ich gemacht habe. Ich wies die Sache izt an die Munizipalität, daß die der Mutter sagen u. befehlen lasse, daß sie ihr Kind Morgens zur Taufe schiken solle.
Bey Anlass der Taufe noch eine Anekdote ...
Hauser1495
Hans Heinrich Hauser, Präsident des neuen Gemeinderats von 1803.schliessen
kame diesen Morgen nach der Predigt zu mir, u. sagte: Hürlimann1496
Hans Caspar Hürlimann, Stillstandspräsident 1800-1802, ab 1803 Gemeinderat und Friedensrichter.schliessen
schike ihn zu mir, um mir etwas zuentdeken: er habe nemlich von sicherer Hand inne worden, daß der Huber1497
Jakob Huber im Feld, der Anführer von Schweizers Gegnern; vgl. Hauschronik, 43f., 51f.schliessen
mich verklagen wolle, daß ich vor 8 Tagen ein katholisches Kind getauft habe. Ja, sagte ich mit Lachen, das möge er thun: für's erste habe mir der Vater dieses Kindes einen Taufschein von einem reformirten Pfarrer von Prag in Böhmen gezeiget: u. für's zweite haben wir alle Freyheit, auch katholische Kinder zutaufen, wenn wir dafür angesprochen werden, u. nichts Ungebührendes darunter begriffen sey. u.s.f. Hauser wurde durch diese Aüsserungen ruhig, denn beynahe mit erschrokenem Herzen erzählte er mir Hubers Vorhaben.
Die übrige Zeit von diesem Sontag gienge ruhig u. still vorbey; u. wir konnten unsre Feyrstund1498
Unter "Feyrstunde" versteht Schweizer ein ausserhalb der Kirche im kleinen Kreis der Frommen eingenommenes "Privatabendmahl", wie er sie seit Februar 1778 in steigender Intensität mit den Töchtern der Familie Gessner gefeiert hat; vgl. im Begleitbuch zur CD das Kap. III, darin: "Gemeinschaft in Christo".schliessen
zu unsrer Stärkung ungehindert halten.

 


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