10.6.–13.6.1800
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Den 10–13
Ich zu Zürich. Im Vorbeygang am Dienstag den 10 zu Bändlikon;417
Bändlikon oder Bendlikon, heute eingemeindetes Dorf am linken Seeufer, das zur politischen sowie zur Kirch- und Schulgemeinde Kilchberg gehört, Wohnort von Anna Margaretha (Grite) Keller und Anna Catharina (Cäther) Nägeli, vorher Brunner, geb. Keller.schliessen
von 10 Uhr Vormittag bis 3 Uhr Nachmittag. Die beyden Lieben daselbst in ziemlichem Gefäch418
Mundartl. für: Unruhe, Geschäftigkeit.schliessen
angetroffen. Nägeli419
Rudolf Nägeli, Bauer und Seckelmeister aus Kilchberg, heiratete im März 1800 Anna Catharina Brunner, geb. Keller.schliessen
nicht bey Haus. Crite sehr zerschlagen u. nur gar nicht wohl: beyde aüsserten sich gegen mich: "Sie wollten gerne ihren gegenwärtigen Hof an einen stillen in meiner Gemeine vertauschen." So weit ist's mit ihnen in diesem ersten Vierteljahr ihres Seyns zu Bändlikon gekommen! ich verliesse sie mit dem Versprechen, Jemand Lieben am Freytag aus der Stadt auf meinem Heimweg zu ihnen zu bringen. Und wer war das? Nicht unsre Döde,420
Dorothea (Döde) Gessner (1749-1830), Tochter von Pfr. Caspar Gessner u. Elisabeth, geb. Keller, ältere Schwester von Schweizers Gattin Anna, lebte damals bei Tante Anna Barbara Keller im "Kleinod"; Hauschronik, 33, 59, 91.schliessen
nicht unsre Bäbe,421
Bäbe Gessner, geb. Hess (1754-1826), Tochter von Hans Conrad Hess, Amtmann am Oetenbach, und Anna Barbara, geb. von Orelli, verh. 1779 mit Hans Caspar Gessner; vgl. Stammbäume Gessner-Keller und Hess-von Orelli, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
nicht einer der Brüder422
Hans Caspar, Jaque oder Georg Gessner.schliessen
... Es war die theüre liebe
Sabina Rietmann423
Sabine Rietmann (1774-1808), Tochter des Hans Jakob und der Sabina, geb. Huber, verh. 1801 mit Johann Jakob Bernet, Sohn des Ratsherrn Caspar Bernet u. der Cleophea, geb. Weyermann.schliessen
von St. Gallen: von der vernahm ich, so bald ich auf Zürich kame, daß sie auf Besuch auf Zürich komme: Ha, dacht' ich, die bring ich meinen Lieben zum Kram heim: am Donstag Morgen, wo ich sie sahe, eröfnete ichs ihr, daß ich sie gerne mit mir heimnähme; sie war so gleich willig dazu, u. freüte sich, nun gerade mit mir in Hirzel gehen zu könen, wohin sie ohne das kommen wollte. Sie schien mir seit 4 Jahren sehr verändert: da ich sie in St. Gallen sahe, dünkte sie mich ein kurzes, beseztes Frauenzimmer zuseyn, u. nun sah ich sie als ein mittelmässig langes, hurtiges – aus einander geseztes liebes Kind zu seyn.424
Wahrscheinlich Interferenz zweier Satzkonstruktionen: "sah ich sie als ..." und "schien sie ... zu sein".schliessen
Ich war am Donstag viel bey ihr theils in der Helferey425
Pfarrhaus der Gemeinde Fraumünster, Waaggasse 1/3, Amtswohnung von Hans Georg Gessner.schliessen
theils aufm Graben426
Haus der Familie Gessner am oberen Hirschengraben; dort wohnten Kaspar und Bäbe Gessner-Hess mit ihren Kindern, nach deren Tod bezog es die mit Johann Wichelhausen verheiratete Tochter Elisabeth Wichelhausen-Gessner; nach deren Hinschied ging das Haus in den Besitz von Johann Bernhard und Johanna Spyri, geb. Heusser über.schliessen
Ehe ich ihre Geschichte hier fortseze, muß ich etwas von einem Besuch melden, den ich bey Herrn Antistes Heß427
Johann Jakob Hess (1741-1828), ord. 1760, dann Vikar seines Onkels Kaspar in Neftenbach, anschliessend ausführliches Bibelstudium, Grundlage seines grossen theologischen Werks, 1777 Diakon am Fraumünster, 1777-1795 Präs. der Asketischen Gesellschaft, 1795 Antistes; HBLS IV 208f.; ZhPfrB, 334f.; ADB; G. Gessner, Blicke auf Leben und Wesen von J.J. Hess, 1829, F. Ackva, Johann Jakob Hess (1741-1828) und seine Biblische Geschichte, Bern 1992; Nachlass in ZBZ: FA Hess 1741, und StAZ: Amtsnachlass.schliessen
zwischen n'ein gemacht habe.
Es war der 12, wo ich diesen theüren Mann besuchte: es waren noch ein paar Pfarrer da, die sich aber bald verabscheideten: wir waren allein, u. nach gegenseitig abgestatteten Berichten von unserm Befinden eröfnete mir der l[iebe] Mann, daß er nebst einigen andern gesinnt seye, durch eine christliche Gesellschaft [22] Bibelstudium, Bibellesen, Kenntnisse der bibl. Geschichte unter die studirende Jugend, u. unter alle Classen von Menschen zu verbreiten als das beste Gegengift gegen alle antichristische Sentiments u. Schriften, die immer haüfiger im Druk erscheinen.
Diese Aüsserung war mir herzlich willkomm, und ich erinnerte Herrn Antistes an eine Zeit, wo ich in meinen Studenten Jahren428
Im Tagebuch findet sich dazu nichts; hingegen besuchte Schweizer seit 1777 eine monatlich stattfindende evangelische Lesegesellschaft, an der neben Hess auch Lavater und Pfenninger teilnahmen (vgl. Tagebuch 1775-1779, Ms Z V 606; G. Gessner, Johann Caspar Lavaters Lesebeschreibung, II, 170). In den frühen 80er Jahren zog er dann allerdings die Bibellektüre mit seinen "gesnerischen Töchtern" dieser Zusammenkunft, die ihm zu "weltisch" war, vor; vgl. dazu im Begleitbuch zur CD das Kap. II, darin: "Auf der Suche nach religiöser Gemeinschaft".schliessen
so ein Collegium bey Ihm besucht, u. wo der Grund zu meiner Bibel-Liebe u. zu meinem Bibellesen geleget ward.
Er sagte mir anbey, dieser ihr Plan gehe auch auf's Land, und sie möchten gerne durch die Landpfarrer Bibelstudium u. Bibelkenntniß unter den Landleüten verbreiten.
Ich sagte – unaussprechlich gut: denn wirklich ist sehr wenig Kenntniß der Bibel auf dem Land; u. daher auch wenig Sinn für biblische Predigten. Strafpredigten verstehen sie, aber halten sie nicht u. kehren sich nicht daran. Daß jedoch auch Landleüthen Sinn für die Bibel beygebracht werden köne, führte ich Herrn Antistes unsre l[ieben] Emmanueliten429
Die Familie des Bauern Emmanuel Fenner (gest. 1801) aus Dübendorf, die sich dem Kreis der Frommen um Diethelm Schweizer angeschlossen hatte. Sein Hof schien der Gruppe den Grundstock für eine christliche Gemeinschaft zu bilden, die als Vorstufe des Tausendjährigen Reichs verstanden wurde; vgl. die Tagebücher von Schweizer und Gessner 1783; Georg Finsler, Georg Gessner, 19ff.schliessen
an; mit denen wir ohne vieles Reden in der Bibel gelesen, aber alle biblischen Worte u. Ausdrüke in ihrer Geistes-Energie und Kraft auszusprechen gesucht haben; wodurch wir das erhalten haben, "daß sie durch Kenntniß der biblischen Geschichte zu klaren Begriffen der bibl[ischen] Wahrheiten, u. durch die zur Ueberzeügung der Wahrheit der christl[ichen] Religion gelangten!"
Heß freüte sich hierüber, u. bezeügte mir, daß dies eben die Hauptsache seye, die sie zuerzihlen suchen. Ich hatte lange nie keine so liebe Stunde bey diesem th[eüren] Manne.
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