10.6.–24.6.1799
Da die Franken von den Kaiserlichen auch von der Schindellegi223
In unsrer l[ieben] Vaterstadt, die sich noch immer ihrer gnädigen Errettung freüet, u. auf Gottes weiteren Schuz bauet u. trauet, ist eine Interimsregierung gesezt worden, die nun alle Geschäfte der ehevorigen alten Stadtregierung machet, u. von der ich den 23 d[es Monats] die erste Proklamation ab der Kanzel verlesen habe.227
In diesen Tagen, dem 16 d[es] neml[ichen] vernahmen wir des th[eüren] lieben Lavaters Befreyung: Er ward noch vom schweizerischen Direktorium228
Übergang von Pfäffikon (SZ) am oberen Zürichsee nach Biberbrugg.schliessen
vertrieben worden, so besezten erstere den ganzen Mänzigerberg224Die Anhöhe auf der südlichen Seite der Sihl Richtung Menzingen im Kanton Zug.schliessen
u. auch einen Theil meiner Gemeine, nemlich vom Moosaker225Gebiet westlich von Hirzel Richtung Sihlbrücke.schliessen
bis zur Sihlbrüke226Entspricht heute Sihlbrugg-Dorf.schliessen
täglich machen sie durch die ganze Gemeine Patrulli u. Samstag Nachmittag den 15 drangen die Kaiserlichen bis in meine Gemeine vor, u. liessen den Freyheitsbaum auf der Stelle umhauen, u. hatten dann ein kleines Gefecht mit den Franzosen, wo zwar von keiner Seite niemand verwundet oder getödtet ward – gleichwohl fürchterlich genug für uns, denen der Krieg so schreklich peinlich ist. Seither ist nichts weiter vorgefallen; nur müssen wir den Franken immer noch zuessen u. zutrinken geben. In unsrer l[ieben] Vaterstadt, die sich noch immer ihrer gnädigen Errettung freüet, u. auf Gottes weiteren Schuz bauet u. trauet, ist eine Interimsregierung gesezt worden, die nun alle Geschäfte der ehevorigen alten Stadtregierung machet, u. von der ich den 23 d[es Monats] die erste Proklamation ab der Kanzel verlesen habe.227
Nach dem Einzug der Österreicher und Russen in Zürich gewannen die Anhänger der vorrevolutionären Zustände wieder die Oberhand in der Stadt. Statthalter Pfenninger und viele helvetische Verwaltungsbeamte flohen, dafür kamen Emigranten in die Stadt. Auf Rat des österreichischen Generals Hotze, eines gebürtigen Richterswilers, wurde eine provisorische Regierung gebildet, in der nur wenige Männer vom Land sassen. Die Macht dieser Regierung erstreckte sich aber nur auf die Gebiete, die militärisch unter der Kontrolle der Koalition standen, sodass der Kanton damals in zwei Verwaltungsgebiete zerfiel.schliessen
In diesen Tagen, dem 16 d[es] neml[ichen] vernahmen wir des th[eüren] lieben Lavaters Befreyung: Er ward noch vom schweizerischen Direktorium228
Regierung der helvetischen Republik.schliessen
nach einem zweymaligem Verhör frey gelassen. Diese Nachricht war uns ein kühlender Balsam auf den vorigen Schrekenstag. Nun haben wir die Hofnung, daß Lavater als Pathe bey der Taufe unsers zuwerdenden Kindes selbst erscheinen werde. ––
