10.4.–17.4.1805
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Den 10–15.
Ueber diese Festtage war unsre l[iebe] Regel2597
Die Tochter Regula Schweizer (1791-1874), die zur Ausbildung in der Stadt weilt; vgl. Tagebuch ab dem 16.2.schliessen
bey uns: es2598
Mundartl. Neutrum für das Femininum: sie.schliessen
kam mit dem l[ieben] Jaque2599
Jakob Gessner d.J. (1782-1806), dritter Sohn von Hans Caspar Gessner u. der Bäbe, geb. Hess; ord. 1804, Vikar in Horgen, 1805 Katechet in Oberstrass, verfiel in Melancholie und hungerte sich zu Tode; ZhPfrB, 296.schliessen
ab'm Graben zu uns: es freüte uns recht sehr, dies l[iebe] Kind wieder einige Tage bey uns zuhaben; auch die kleinern Schwestern2600
Anna Margaretha Barbara Schweizer (1797-1876), die spätere Meta Heusser-Schweizer, u. Dorothea Schweizer (1799-1822).schliessen
freüten sich, ihns2601
Mundartl. für: es.schliessen
wieder in ihrer Mitte zuhaben. Es ist das gleiche muntere u. frohe Kind, u. in Absicht auf sein arbeiten zeigte es, daß es bey seiner Lehrgothen2602
Lehrmeisterin.schliessen
schon zimliche Gewandtheit darin erhalten habe.
Hingegen war Jaque uns über diese Tage eine fürchterliche Last: sein böser Plagegeist aüßerte sich fürchterlich, u. schien ihm besonders alle Lust u. Kraft zum studieren zurauben: da war ein ewiges tändeln, krizeln, staunen bey Verfertigung seiner Predigten: am H[eiligen] Donnerstag Nachmittag hielt er eine aüßerst schwache Predigt über den Tod Jesu: seine Predigt am Ostertag Nachmittag war etwas beßer, obgleich sein Thema etwas verworren u. dunkel war: er sezte es –"die Auferstehung Jesu ist ewiges Leben." An die Kinderlehre am Ostermontag kam es nicht, denn an der tändelte er so lange herum, daß, weil er bis zum Mittageßen noch nichts daran zu Stande gebracht, er von dem sich ferne halten wollte, was ich aber durchaus nicht geschehen ließ: er musste mit uns zu Mittag essen; u. ich hielt die Kinderlehre, ich durfte ihn nicht in die Kirche laßen. Sein Geblüt scheint wieder in fürchterlicher Wallung zuseyn; aber auch sein böser Dämon, der sich nicht bloß in übertriebner Aengstlichkeit, sondern sehr oft in beleidigendem Eigensinn aüßerte.
Am 16
Gieng ich mit ihm auf Egeri zu Hrn. Caplan Engeler.2603
Dieser Kaplan aus Ägeri konnte nicht identifiziert werden.schliessen
wir trafen den l[ieben] Mann an, u. der sahe so gleich, daß Jaque nicht recht ist, u. nahm seinen Zustand als eines Verliebten an, u. erzählte ihm eine Geschichte von einem solchen, was ich so gerne erwehret hätte, wenn ichs gekonnt: ich fragte ihn nachher, was er über diese Erzählung gedacht? er sagte, das, daß sein Zustand auch von so etwas herrühren könne. an wen er da denke? An die Jgfr. Vögeli: /Heirich Vögelis Tochter/2604
Anna Elisabetha Vögeli, Tochter des Heinrich (1756-1826), Färbers, wohnhaft an der Brunngasse in Zürich (freundl. Auskunft von Regine Schindler).schliessen
Das sind Poßen: da warest du ja noch ein Kind, u. sie auch: u.s.f. wir schwiegen von diesem Gegenstand; allein in meinem Herzen dacht' ich, ob nicht so ein alter Saurtaig in ihm liegen könne. doch wollte ich nicht weiter nachspühren.
Am 17
Begleitete ich ihn u. die l[iebe] Regel auf Horgen, wo wir im Pfarrhaus2605
Pfarrhaus von Johann Kaspar Lavater (1735-1806), Sohn von Dekan Hans Jakob Lavater in Neunforn, Vetter des Zürcher Pfarrers und Physiognomikers Johann Caspar Lavater, seit 1781 Pfarrer von Horgen, verh. 1768 mit Ester, geb. Vogel (geb. 1741), Tochter von Hans Caspar Vogel u. Anna, geb. Lavater; ZhPfrB, 403; J.P. Zwicky, Die Familie Vogel von Zürich, 152.schliessen
zu Mittag aßen, u. wo Jaque nichts eßen wollte: sein Gesicht glühete vor vollem Geblüt: er wollte sich entschuldigen, daß er nicht eßen köne: ich sagte ihm aber frey vor allen, daß es izt seine Pflicht sey, die Speisen, die ihm angebotten werden, mit Danksagung zu geniessen, u. unsre Freüde, in der wir da bey einander sizen, nicht zustöhren. Dies fruchtete, er fieng an zueßen, u. wurde ein wenig heiter. Die l[iebe] Regel verbarmte mich, daß es mit ihm in die Stadt wandeln musste; ich konnte aber nichts machen: ich empfahle beyde der Leitung des Herrn; u. schriebe durch die Regel Jaquens Aeltern2606
Hans Caspar Gessner (1748-1828), Sohn von Pfr. Caspar Gessner und der Elisabeth, geb. Keller, sowie Bäbe Gessner, geb. Hess (1754-1826), Tochter von Hans Conrad Hess, Amtmann am Oetenbach, und Anna Barbara, geb. von Orelli; vgl. Stammbäume Gessner-Keller und Hess-von Orelli, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
von seinem Betragen während seines dermaligen Aufenthalts bey uns.
Die l[iebe] Lisette L[avater]2607
Anna Elisabetha Lavater (geb. 1772), Tochter des Horgener Pfarrers Johann Kaspar Lavater u. der Ester, geb. Vogel.schliessen
plangete2608
Mundartl. für: verlangte.schliessen
nun recht sehr, mich allein zuhaben u. allein mit mir zureden: sie gab mir das Geleit, u. da erzählte ich ihr, was sie eben zuwißen verlangte, nemlich, was für einen Eindruk unsre Unterredung mit dem l[ieben] Caspar2609
Kaspar Gessner (1780-1812), Sohn des Hans Caspar Gessner und der Bäbe, geb. Hess, Tapezierer, verh. 1807 mit Anna Lavater.schliessen
ihrer Schwester2610
Anna (Nannette) Lavater (geb. 1780), Tochter des Horgener Pfarrers Johann Kaspar Lavater u. der Ester, geb. Vogel, verh. 1807 mit Kaspar Gessner (1780-1812), als Frau von Birch Stiefmutter von Salomon von Birch; Hauschronik, 58.schliessen
wegen auf ihn gemacht? denn seit dem sahen wir einander nie u. wir haben uns vorgenohmen, über diese Sache einander nicht zuschreiben. Da ich ihr sagte, daß der Liebe bey unsrer Eröfnung ganz gesezt, ruhig, nachdenkend gewesen, uns für unsre sorgende Liebe gedanket, u. sich dahin geaüssert habe, daß izt alles darauf ankomme, daß sie einander irgend wo sehen, am liebsten wär' es ihm, wenn er sie einen ganzen Tag in einer Gesellschaft sehen könnte, u.s.f. Da überwallte die Liebe wieder vor Freüden, u. sagte, daß, je mehr sie dieser Sache nachdenke, je schiklicher u. glüklicher finde sie dieselbe für ihre Schwester, sie könne mir u. den Meinen nicht genug danken, daß wir hieran gedacht, u.s.w. sie wiederhohlte dann alles, was sie uns das erste Mal von ihren Aeltern u. Verwandten gesagt, u.s.f. ich sagte ihr noch, daß Caspar bereits schon mit seinem Papa über diese Sache gesprochen, u. daß er nun auf eine Uetliberger Reise abstelle, wo er unsre Töchtern abhohlen wolle, u. wo dann Jgfr. Nannette dies Reisgen auch mitmachen könte. Dies gefiel der l[ieben] Lisette aus der Maaßen, u. versprach mir, alles Mögliche einzurichten, daß ihre Schwester diesen Freüdentag mit genießen könne. Mit herzlicher Liebe schieden wir von einander, denn wir waren schon weit oben im Berg mit einander, u. die Liebe hatte Zeit umzukehren.
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