8.1.–13.1.1803
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Den 8 – bis 13
Lebten wir in unserm haüslichen Geding ganz still u. zufrieden.
Am Sontag waren wieder einige der Unterzeichneten in der Kirche, u. am Donstag, wo zwo Leichen zubegraben waren, waren gar viele da.
Auch besuchten uns die Lieben von Horgen; Lisette949
Anna Elisabetha Lavater (geb. 1772), Tochter des Horgener Pfarrers Johann Kaspar Lavater u. der Ester, geb. Vogel u. Schwester von Konrad Lavater.schliessen
u. der junge Lavater,950
Konrad Lavater (1778–1804), 1800–1804 Vikar seines Vaters Johann Kaspar (gest. 1806) in Horgen; ZhPfrB, 403.schliessen
herzlich freüte es uns, daß sies wagten, uns in dieser Zeit zubesuchen. Wie viel redten wir mit einander! wie viel hatten sie uns – wie viel wir ihnen zuerzählen!
Nun muß ich hier einen Brief,951
Der im Folgenden wörtlich zitierte Brief hat sich im Original erhalten; FA Schweizer/Heusser, D III 15.schliessen
einrüken, den ich am Donstag Abend den 13 erhielt, u. der wieder einen Laut von meinen Gegnern in sich enthält: er ist zwar ohne Anzeige des Orts, wo er geschrieben, u. ohne Unterschrift. Die Botthuberin952
Der "Bott" = der Postbote.schliessen
die ihn brachte, sagte, sie habe ihn zu Horgen vom Schifman Staübli erhalten, der ihr gesagt, es habe ihn ein kleiner Knab von Oberrieden ihm überbracht, daß er ihn in Hirzel spediren soll. Dieser Brief lautet wörtlich u. buchstäblich
so ...
"Bürger Pfarrer!
Sie werden freündlich gewarnt vor einem sehr grossen Unglük, das ich gemerkt hab aus einer Gesellschaft, die sie sich hart mit einander verbunden, daß sie selbst ihr eigen Leib und Leben u. Gut lassen müssen, wenn einer von dem geschlossnen Bund weichen werde; u. sie bestehet von einer sehr ungeheüren u. unbiegsamen Gesellschaft, daß sie weder Gott, Teüfel noch Höll zufürchten glauben. Dann sie rüsten sich mit feürigen scharfen Pfeilen; wann ihr eüch nicht ergeben, u. aus dem Weg machen wollen, so werden ihr derselben ein Raub werden: u. wenn ihr von Haus gehen würden, es möchte seyn, daß ihr über kurz oder lang über Feld gehen würden, [51] daß eine solche Kugel aus einem Gebüsch eüch einschläfen könte, u. dann sagen: wer hat es dann gedahn? Denn es werden tödtliche Waafen gerüstet, daß ihr meynen, es seyen eüre Freünde, aber sie halten zur andern Gesellschaft: denn es geschiehet von denselben nichts öffentlichs. Könte ich mündlich mit eüch reden, so würde ich eüch vieles sagen könen, was für traurige Anschläge gemacht werden, an eüch u. eüer Weib u. Kinder zuverrichten: denn je mehr ihr den Leüten an die Augen kommen, je grösser wird die hizige Raache: denn, was könnte für Unglük geschehen, wenn ihr innert den Schloßen eüers Hauses wohnet, u. meinten, ihr wäret gesichert: sezt doch euer Weib u. Kinder nicht länger in die Gefahr, sondern errettet sie bald väterlich. Freundliche Begrüssung: bin eüer getreüster Freünd für diesmal und allezeit: ich werde mich mit gelegner Zeit bey eüch zeigen, wenn ihr der Gefahr entgangen sind: vorher könnt es mir auskommen, dann müsste eüer Schiksal theilhaftig werden, oder mein Haus u. Heimat könte den feüerigen Flammen ein Raub werden: denn diese obgemeldte Gesellschaft hat sich vereinigt mit den schlecht französischen gesinnten in unsrer als eürer Nachbars Gemeind, wovor ich mich zuhüten wissen suche.
Den 12 Jäner 1803."
Allseitig war unser Urtheil über diesen Brief – "es ist ein Schrekbrief! u. kömt weder von Oberrieden, noch von Horgen, sondern aus dem Hirzel von der Rotte!" So gleich machte ich eine Copie davon, u. schikte die mit unsern heütigen Briefen an unsre Lieben in Zürich.

 


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