7.4.1804
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Samstag den 7.

Gerade nach 5 Uhr war in unserm Hause u. auch in der Gemeine alles wach; u. das Militair rüstete sich zum Abzug. Noch saßen wir ein halb Stündgen bey unsern lieben Offiziers, u. tranken mit ihnen den Kaffe unter frohen Gesprächen. Dann folgte der Abschied; alle drey waren gerührt, ammeisten aber der l[iebe] Oberst Kirchberger2012
Ludwig Friedrich Kirchberger (1775-1815), 1792-1785 Offizier in holländischen Diensten, als Oberstleutnant Mitglied der Militärkommission, Kommandant des 1. eidg. Bataillon im Bockenkrieg, Mitglied des Kriegsgerichts, 1804-1815 Salzbuchhalter, 1807-1815 bernischer Grossrat; vgl. Leuthy, Vollständige Geschichte von dem Bockenkrieg, 104, Hauschronik, 50f., 162f.schliessen
– auch wir waren gerührt; es that uns recht wehe, diese guten Herrn von uns ziehen zusehen; ihr herzliches Händetrüken, ihr embraßiren,2013
Frz. embrasser: umarmen.schliessen
ihr – leben sie wohl – durchdrang unser ganzes Herz: ich begleitete sie noch bis außer den Pfarrhof, wo mir der l[iebe] Kirchberger nochmals die Hand reichte u. mich innig liebend anblikte. Da ich wieder ins Haus kam, eilte mir die l[iebe] Mamma2014
Anna (Nette) Schweizer, geb. Gessner (1757-1836), Tochter von Pfr. Caspar Gessner u. Elisabeth, geb. Keller, verh. 1785 mit Diethelm Schweizer; vgl. Hauschronik, 30, 32-34, 91, 139f.schliessen
entgegen mit Thränen in den Augen, u. mit einem Päkgen in der Hand: was ist das? rief ich. Mamma – da sieh! denk auch, der l[iebe] Oberst hat nach dem Kaffe trinken unser Settli2015
Elisabeth (Setli) Schweizer (1786-1824), älteste Tochter von Diethelm Schweizer und Anna, geb. Gessner, verh. 1822 mit Johannes Suter; vgl. Hauschronik, 34, 85-88.schliessen
zu sich in seine Kammer genohmen, u. ihm dies Päkgen übergeben, mit dem verdeüten, daß es uns nichts sagen solle, bis er fort seye, u. dann solle die Mamma dies Geld unter die Kinder alle nach Gutdünken vertheilen. Oh der delikate grosmüthige Engel! Es waren 10 Nthlr.2016
10 Neutaler = 20 Gulden.schliessen
jedem unsrer Kinder 2. Herzlich gerührt standen wir alle bey einander, mit dankendem Herzen gegen unsern guten Gott, der diese Woche durch Menschen seiner Art uns alles reichlich ersezt hat, was wir die vorige Woche von Menschen aus der Hölle zuleiden hatten.
Da unsre beyden aeltern Töchtern2017
Elisabeth Schweizer (1786-1824) und Anna Schweizer (1787-1837).schliessen
schon lange gern Ringe gehabt hätten, so erlaubten wir ihnen so gleich, aus diesem Geld 2 machen zulaßen, aber ganz nur zum Andenken des th[eüren] Herrn Oberst Kirchbergers: wobey ich noch die Anmerkung machen muß, daß ich glaube, der l[iebe] Jägerhauptm. Grafenried2018
Wahrscheinlich Franz Emmanuel Anton v. Graffenried (1769-1837), Herr zu Gerzensee, Offizier der Schweizer Garde in Paris, Inhaber des Lilienordens, Abschied 1791, später Oberst u. Polizeidirektor der Stadt Bern, begleitete 1797 Napoleon durch die Schweiz, im Bockenkrieg Hauptmann der 5. Berner Kompanie, 1815 Brigadekommandant, 1816 Grossrat; HBLS III, 629; Foerster, Ein militärischer Ordnungseinsatz, in: Joseph Jung (Hg.), Der Bockenkrieg 1804, 93.schliessen
habe an diesem Geschenk auch seinen Antheil; denn der flüsterte gestern Abends beym weggehen dem l[ieben] Kirchberger recht herzlich etwas ins Ohr, u. lief dann davon. Herr Kirchberger war oft ganz allein bey uns, stand entweder mit uns am offen,2019 oder saß in unsrer Mitte, u. fragte dann so herzlich theilnehmend allen unsern Sachen nach, oder unterhielte sich mit uns über die gegenwärtige Lage unsers Vaterlands, oder über das schwer drükende des Militairstandes, u.s.f.
Etwa 3 Stunden, nachdem diese bernerischen Truppen von uns gezogen waren, langten etwa 60 Mann Zürchertruppen in unsrer Gemeine an, die so gleich in die Haüser vertheilt wurden: wir erhielten wieder die Offiziere, ein Hauptmann Hausheer2020
Franz Hausheer, von Wipkingen, Hauptmann der 2. Zürcher Standeskompanie, die zum Bataillon Holzhalb gehörte; Foerster, Ein militärischer Ordnungseinsatz, in: Joseph Jung (Hg.), Der Bockenkrieg 1804, 94.schliessen
von Wipkingen u. einen Lieütenant Bikel2021
Heinrich Bikel, von Affoltern a. Albis, 1. Unterleutnant der 2. Zürcher Standeskompanie; Foerster, Ein militärischer Ordnungseinsatz, in: Joseph Jung (Hg.), Der Bockenkrieg 1804, 94.schliessen
von Albisaffoltern: beyde kamen uns so gleich als artige Leüte vor, u. empfiengen sie allso mit aller Freündlichkeit.
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