5.11.1800
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Den 5 Winterm[onat]
An Juditha Heß-Bernet.504
Judith Hess-Bernet (geb. 1762), Tochter des Ratsherrn Caspar Bernet und der Cleophea, geb. Weyermann, heiratete den Waisenvater Lorenz Hess; Hauschronik, 63.schliessen
1.
"Ihr Scheiden von Zürich erinnerte Sie an unsern Austritt aus dieser Welt: u. ihr empfangen werden von den liebsten Ihrigen an jenes erste Wiedersehen Jenseits.
Diese Verbindung der Gegenwart u. Zukunft bey unsern Hauptlebensepochen ist des Christen auszeichnender Sinn, von dem er unbeschreiblich viel gewint.
Mit diesem Sinne würzt er sich das Gegenwärtige u. macht sich den Genuß deßelben Kraft- u. Lebenvoll.
Mit diesem Sinn bringt sich der Christ die Zukunft nahe, u. geniesst die gleichsam schon in Gegenwart als in einem Bild.
Mit diesem Sinn erhöhet der Christ seine Hofnung, daß seine höhern Bedürfnisse ihm einst alle werden befriedigt werden.
Daher, wie etwas feyrliches u. ehrwürdiges ist dieser Christensinn! ach, wie sollten wir, wo wir auf ihn stoßen, auf unsre Kniee fallen: weil da, wo er ist, eine heilige Stätte, ein Heiligthum ist, in welchem die Gottheit wohnet!"
2.
"Sie leben nun wieder gerne in Ihrem l[ieben] Haus, u. Familienkraisse .. das könen wir uns ganz wohl denken.
Wenn man auch noch bey so guten Freünden gewesen ist, u. die vollauf genossen hat, so strebt man doch immer nach Hause, u. kehret gerne zu den Seinigsten zurük, u. lebt bey u. unter ihnen mit neüer Freüde, u. neüer wohltuender Thätigkeit.
Und, hats diese Beschaffenheit mit unsern irdischen Kraissen; wie – sollten wirs einst nicht auch so mit unsern himlischen Kraissen bekommen?
Sollten wir in unsrer wahren Heimat einst nicht auch am liebsten bey den Unsrigsten seyn wollen? das ist, bey denen, die wir alsdann nicht mehr dem Fleische, sondern dem Geiste nach kennen werden?
Unsre irdischen Wirkungskraisse sind auch die Werkstätte unsrer Bildung zu unsern himmlischen Wirkungskraißen.
Je besser wirs hier lernen aufs nächste zuwirken, dem Nächsten nüzlich zuseyn, desto besser werden wirs dort könen; desto schneller, tiefer, umblikender u. umfaßender werden wir dort wirken – u. zwar wahrscheinlich jedes in u. nach seinem hier gehabten Fach."505
Derselbe Gedanke erscheint auch in einem Brief an Anna Barbara Bernet im Tagebuch vom 25.4.1805; er lässt sich sowohl aus der Bibel herleiten, etwa Gal. 6,7, wie er auch in Lavaters Aussichten in die Ewigkeit, 13. Brief, Schluss, enthalten ist.schliessen
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