4.5.1803
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Mitwoch den 4 May
Morgens frühe an meine Lieben in Hirzel ...
"Unterm Gebeth für eüch u. unter Anbefehlung unsrer Sache dem Gott unsers Glaubens u. unsrer Hofnung schlief ich, ihr th[eüren] Herzen! gestern Nachts ein, u. schlief die ganze Nacht durch wohl, u. erwachte diesen Morgen mit munterm Herzen. Ich sehne mich izt nur darnach, inne zuwerden, wie es gestern bey Tag u. bey Nacht eüch ergangen? Doch ich will ruhig zuwarten, ob etwas von eüch komme. u.s.f."
Diesen Zeilen ward eine Beschreibung des gestrigen Tages beygefügt.
Diesen Morgen zwischen 9–10 Uhr kam Herr Rathsherr Lavater1301
Diethelm Lavater (1743-1826), Bruder von Johann Caspar Lavater, Apotheker und Arzt; 1792 Mitglied des Rats, 1794-1798 des Geheimen Rats, 1799 der Interimsregierung, 1803 des Grossen und des Kleinen Rats, Sanitätsrat; HBLS IV,636.schliessen
zu der kranken Jgfr. Tante:1302
Anna Barbara Keller (1736-1810), jüngste Tochter von Hans Balthasar Keller u. Regula, geb. Landolt, Schwester von Elisabeth Gessner-Keller; vgl. C. Keller-Escher, Genealogie der Familie Keller vom Steinbock von Zürich, Bd. 1 u. 2 (ZBZ, Ms Z II 613 u. 613a).schliessen
so gleich ward ich auch in ihre Stube hinauf beruft: Hr. Rathsherr liesse sich so gleich mit mir über meine Geschichte ein: ich erzählte ihm vieles, u. liesse auch beyfließen, man habe mir rathen wollen, zuweichen u. auf die Pfarrey Lauffen zumelden. Behüte, erwiederte er, das kan izt überall1303
überhaupt.schliessen
nicht seyn, es wäre in jeder Rüksicht unweise, mich izt aus dem Hirzel wegzunehmen: nachher kan es eher geschehen: u.s.f. Dies von diesem Manne zu hören, war mir wichtig u. beruhigte mich wieder um vieles: ich empfahle mich ihm u. meine Sache; besonders im Blick auf die Untersuchung u. Abstrafung der begangenen Frevelthaten.
Ich machte nun Besuche in den beyden Handelshaüsern der Hr. Muralten,1304
Vermutlich Hans Heinrich Muralt (1747-1823), Mitglied des kaufm. Direktoriums u. sein Sohn Hans Konrad (1779-1869), Oberst der Kavallerie, Mitglied des kaufmännischen Direktoriums ab 1812; HBLS V 212.schliessen
und empfahl meine Gemeinsgenoßen zu Greppenwüppern:1305
Vermutlich Seidenweber (crèpes).schliessen
bey Hr. Rittmeister richtete ich nichts aus: hingegen versprach mir Hr. Direktor auf meine Empfehlungen zuachten.
Mit unserm Georg gieng ich in Schönenhof zum Mittageßen, wo's mir auffiel, daß Frau Hptm.1306
Barbara (Bäbe) Schulthess, geb. Wolf (1743-1818), Freundin Goethes und Mittelpunkt des schöngeistigen Zürichs, Mutter von Georg Gessners erster Frau, Patin von Schweizers jüngstem Kind Dorothea; HBLS VI, 255.schliessen
kein Wort über die neüesten Vorfälle im Hirzel mit mir redte, mich auch nichts fragte. Es ward von ganz andern Sachen gesprochen.
Nach 2 Uhr verfügte ich mich auf den Graben, blieb da bis 5 Uhr, wo ich mich verabscheidete, u. wo Bäbe mit mir zum Kleinod kam, um die l[iebe] Jgfr. Tante auch einmal zu besuchen: da es1307
Mundartl. Neutrum für das Femininum: sie.schliessen
bey ihr war, war ich allein in der untern Stube, u. kopirte etwas: nachher gieng ich auch noch zu der Jgfr. Tante, die zimlich wohl u. gesprächig war: bald dann verabscheidete sich die l[iebe] Bäbe bey ihr, u. auch bey mir.
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