3.1.1803
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3 Vorkommen in diesem Eintrag
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Den 3.
Heüte erhielten wir durch unsre Bäbe941
Bäbe Gessner, geb. Hess (1754-1826), Tochter von Hans Conrad Hess, Amtmann am Oetenbach, und Anna Barbara, geb. von Orelli, verh. 1779 mit Hans Caspar Gessner; vgl. Stammbäume Gessner-Keller und Hess-von Orelli, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
folgenden Bericht von dem l[ieben] Jaque,942
Jakob Gessner d.J. (1782-1806), dritter Sohn von Hans Caspar Gessner und Bäbe, geb. Hess; ord. 1804, Vikar in Horgen, 1805 Katechet in Oberstrass, verfiel in Melancholie und hungerte sich zu Tode; ZhPfrB, 296.schliessen
auf den wir gar sehr plangeten943
Mundartl. für: uns sehnten.schliessen
...
"Unser l[iebe] Jaque kam mit dem l[ieben] Nägeli;944
Rudolf Nägeli, Bauer und Seckelmeister in Kilchberg, heiratete im März 1800 Anna Catharina (Cäther) Brunner, geb. Keller.schliessen
von ihm begleitet am Neüjahr Nachmittag 2 Uhr glüklich zu uns, aber eben, gar nicht wohl. Ich ahnete zwar so was – eine Unrichtigkeit und Verworrenheit seiner Gedanken aus dem Anfang seines Briefgens, das wir am Donstag von ihm empfiengen: es fiel zwar Niemandem als mir auf: /wir sahen dies Briefg[en], aber keines von uns hatte Zeit, es zu lesen: wir achteten nicht darauf/ u. da er am Freytag nicht heimkam, ward mir sehr bange um ihn: es ward mir aber zum Theil ausgeredet. Aber, da er am Neüjahr in unsre Stube tratt, Gott! wie sah ichs seinem Blik u. Benehmen an, daß ich nicht umsonst bange hatte. Er hatte was ähnliches schon vor 6 Wochen, aber damals war zum Theil genug Ursache da, woher ein solcher Umstand kommen konnte ... auch beßerte es sehr bald, u. wie es schien – ganz. Aber nun, da es so bald wieder kam, erschrekte es mich. Er kan Stunden lang die Stube auf u. niedergehen, u. immer vor sich her staunen; u. entweder lachen, ohne sagen zukönnen – warum? oder, einer Idee nachhängen, von der er dann bisweilen, etwas zureden anfängt, das ganz richtig ist: bisweilen verworren: oft ists eine Frage aus der Geschichte des Evangeliums: u. ists dies, so lässt sich dann so mit ihm sprechen, als ob er bey der richtigsten Denkkraft wäre – u. er blikt mich dann so kindlich froh an. Herr Doktor ist gar nicht erschroken: er sagte gestern: die Zerstöhrung seines Kopfes size nicht tief, u. sey nicht böser Art: er hoffe zuverlässig, daß es mit ihm bald wieder gut werde. sein schwarzes dikes Blut, das nun gar keinen Ausweg zu der Nase heraus sucht; u. die gar zu aengstliche Anstrengung seines Kopfes – besonders zu Nacht, seye die meiste Ursache. Es seye nicht so gar selten, daß dies jungen Studirenden begegne.
Mir ist bange: ich wüsste nichts drükenders schreklichers, als wenn der Kopf eines solchen Menschen dieses guten kindlichen Jaquens so angegriffen u. verstört bleiben müsste: das wäre etwas, das zuertragen ich unmittelbaren Göttlichen Beystand bedürfte. Ihr Lieben! bethet für uns, daß des Herrn Gnade uns halte, u. Er uns nicht über Vermögen versucht werden lasse."
Eben da ich dieses hier eintrage, wird ich frohwehmüthig darüber, daß ich durch die Gnade meines Gottes vor solchen Ausbrüchen der Melancholie verwahrt geblieben bin: u. besonders, daß der im vorigen Jahr über mich ausgebrochene Sturm mich nicht in die tiefste Dunkelheit gestürzt hat. Ach, der Herr hielte mich bey allem, u. gabe mir vorzu Besonnenheit u. Denkkraft auf alle Fälle u. in allen Fällen! Herr! wie lobe ich Deinen Nammen hiefür!

 


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