1.2.1803
Die l[iebe] Mamma1008
Anna (Nette) Schweizer, geb. Gessner (1757-1836), Tochter von Pfr. Caspar Gessner u. Elisabeth, geb. Keller, verh. 1785 mit Diethelm Schweizer; vgl. Hauschronik, 30, 32-34, 91, 139f.schliessen
schrieb gestern unsern Lieben, daß wir den armen alten Tennuli1009Vermutlich Dorfname für einen Dorfarmen; möglicherweise der Uli, der in den Scheunen (Tenn) übernachtet. Die Winterkälte, die Schweizer oben erwähnt, setzte den schlecht genährten und dürftig gekleideten Armen besonders zu. Als Verwalter des Gemeinde- und Kirchenguts (vgl. Tagebuch vom Mai 1799) ist Schweizer auch für die Armenunterstützung zuständig.schliessen
versorgen möchten, aber dazu sollte er ganz gekleidet werden: wir bethen allso unsre Lieben um allfällige alte Kleiderstüke: u.s.f. So gleich erhielten wir heüte von unserm Jaque1010Jakob Gessner d.Ä. (1759-1823), Schweizers Schwager, Sohn des Caspar Gessner und der Elisabeth, geb. Keller, verh. 1803 mit Anna Schulthess; Offizier in holländischen Diensten bis 1795, Oberrichter in Zürich, 1803 Stadtrat, 1805 Statthalter des Bezirks Zürich; vgl. Stammbaum Gessner-Keller, in: Regine Schindler, Die Memorabilien der Meta Heusser-Schweizer, Beilage.schliessen
dies Briefgen ... "Liebe!
Ja warlich, wenn man bey dieser Zeit Nakte einiger Maaßen kleiden kan, so darf mans nicht laßen anstehen: daher wir auf dein heütiges Schreiben, l[iebe] Nette! auch gleich antworten. Ihr wisst aber, daß, wenn ich auch abgetragene Kleider hätte, sie da doch nicht zugebrauchen wären; nur diese Hosen, /die ihre lezten Dienste bey der Belägerung der Stadt gethan/ schik ich eüch für den armen Uli. Tante1011
Es scheint, es ist noch nichts von dem General u. Stadthalter bey eüch bekant: ich weiß zwar auch nichts. a Dieu, Liebe! gehabt eüch wohl, u. bleibt hinterm Ofen.
Dies Briefgen u. das mitgeschickte freüte uns aus der Maaßen: es war uns Pfand, daß unser Vorhaben mit dem armen Uli wohl gelingen werde. Ja warlich, wenn man bey dieser Zeit Nakte einiger Maaßen kleiden kan, so darf mans nicht laßen anstehen: daher wir auf dein heütiges Schreiben, l[iebe] Nette! auch gleich antworten. Ihr wisst aber, daß, wenn ich auch abgetragene Kleider hätte, sie da doch nicht zugebrauchen wären; nur diese Hosen, /die ihre lezten Dienste bey der Belägerung der Stadt gethan/ schik ich eüch für den armen Uli. Tante1011
Anna Barbara Keller (1736-1810), jüngste Tochter von Hans Balthasar Keller u. Regula, geb. Landolt, Schwester von Elisabeth Gessner-Keller; vgl. C. Keller-Escher, Genealogie der Familie Keller vom Steinbock von Zürich, Bd. 1 u. 2 (ZBZ, Ms Z II 613 u. 613a).schliessen
u. Döde,1012Dorothea (Döde) Gessner (1749-1830), Tochter von Pfr. Caspar Gessner u. Elisabeth, geb. Keller, ältere Schwester von Schweizers Gattin Anna, lebte damals bei Tante Anna Barbara Keller im "Kleinod"; Hauschronik, 33, 59, 91.schliessen
glauben, man könte einige Ell[en] Nördlinger1013Nördlinger Tuch: starker, wollener Kleiderstoff.schliessen
/die Tante bezahlt/ kaufen, woraus dann ein Camisol1014Kurzes Wams.schliessen
mit Ermeln zumachen wäre: u. diese folgen nun mit: kan dann auf Freytag etwas da oder dorther von Kleidern gefunden werden, so wirds nachgeschikt. Mit einem kleinen Beytrag an das Tischgeld wollen wir dann auch schauen. Hat der Uli das Allmosen? Es könte vielleicht aus dem Allmosenamt etwa eine kleine Handsteüer gegeben werden: schreib mir darüber, ich will dir dann ins Ohr sagen, was du zuthun habest. Es scheint, es ist noch nichts von dem General u. Stadthalter bey eüch bekant: ich weiß zwar auch nichts. a Dieu, Liebe! gehabt eüch wohl, u. bleibt hinterm Ofen.
J."
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Während dem wir diesen Abend beym Nachtessen saßen, ward etwas an unsre Fenster geworfen; es tönte stark, traf aber die nicht, sondern den Fensterpfosten: Dies scheint von Nachtbuben herzurühren, die sich nachher hören ließen. ––
